MF Global: FBI sucht Kundengelder

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Symbolbild(c) EPA (JUSTIN LANE)
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Das Brokerhaus MF Global hat auf eine rasche Lösung der Euro-Schuldenkrise gewettet und dabei offenbar hunderte Millionen an Kundengeldern verloren. Jetzt ermittelt neben den Regulierungsbehörden auch das FBI.

Wien/Jil/Ag. Nur langsam kommen die Details hinter dem Pleitefall MF Global ans Licht. Das Brokerhaus musste am 31. Oktober Bankrott anmelden – es ist der achtgrößte in der Geschichte der USA. Neben den Regulierungsbehörden SEC und CFTC ermittelt inzwischen auch die Bundespolizei FBI. Zuletzt dürfte MF Global auch auf Gelder von Kunden zurückgegriffen haben. US-Medien gehen von Summen bis zu 700 Millionen Dollar (514 Millionen Euro) aus.
Das „Wall Street Journal“ berichtet, Mitarbeiter von MF Global hätten gegenüber Ermittlern zugegeben, dass Kundengelder nicht rechtmäßig von den Konten der Bank getrennt wurden. Dies bestätigt auch Craig Donohue, Chef der CME-Group, Betreiberin der größten Futures-Börse der Welt. Anwälte von MF Global aber bestritten am Donnerstag, dass Kundengelder für Geschäfte der Bank verwendet wurden und dabei verloren gegangen waren.
Dieser Darstellung widersprechen Berichte, wonach fehlenden Kundengelder auch der Grund dafür gewesen seien, dass MF Global am Wochenende keinen Käufer gefunden hat. Medienberichten zufolge war Interactive Brokers interessiert, hatte aber nach einem Blick in die Bücher abgewinkt. „Der Aufsichtsrat hat den Kauf sicherlich überlegt, sich aber zurückgezogen, als klar wurde, dass es viele Fragen zur Kontoführung und Kontotrennung gibt“, sagte Hans Stoll, ein Direktor von Interactive Brokers.
MF Global hatte zuletzt 6,3 Milliarden Dollar auf eine rasche Lösung der Schuldenkrise in der Eurozone gewettet – und verloren. Vergangene Woche wurde MF Global wiederholt von den Ratingagenturen herabgestuft. Am 27. Oktober war das Rating nur noch „Junk“ – also „Mist“. MF Global war von den Kreditmärkten abgeschnitten.
Zuletzt hatte die Bank rund 40 Milliarden Dollar an Verpflichtungen – der Bankrott betrifft auch die fünf US-Großbanken. Als größter Gläubiger muss JP Morgan Chase um 1,2 Milliarden Dollar bangen.

Schock an Terminbörsen

MF Global hat weltweit rund 2800 Mitarbeiter und kann auf eine 200-jährige Geschichte zurückblicken. Als Architekt der riskanten Geschäfte haben US-Medien den Chef von MF identifiziert: Der ehemalige Goldman-Sachs-CEO Jon Corzine (siehe Porträt) soll zum Ziel gehabt haben, aus MF eine vollständige Investmentbank zu machen.
Die Pleite von MF Global hat Schockwellen durch die globalen Rohstoff- und Terminbörsen geschickt. Rund acht Milliarden Dollar von Kunden der MF Global müssen von anderen Brokern übernommen werden. Futures-Händler und Newsletter-Autor John Lothian sagte dem Branchendienst „Crain's“: „Es herrscht Chaos – und es ist noch nicht mal organisiertes Chaos.“
Die Pleite von MF-Global zeigt aber auch, wie stark US-Banken den Risken der Euro-Schuldenkrise ausgesetzt sind. US-Banken haben laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) Kreditausfallversicherungen (CDS) europäischer Staaten im Wert von 518 Milliarden Dollar verkauft.
Weil aber dieselben Banken in den USA und Europa gleichzeitig Staatsanleihen kaufen und mit CDS handeln, besteht Gegenparteirisiko. CDS sind als Versicherung nur sinnvoll, wenn die verkaufende Bank am Tag eines Staatsbankrotts noch liquide genug ist, um die Versicherung auszubezahlen.
Dazu kommt neue Unsicherheit nach dem letzten EU-Gipfel. „Das war wie eine Handgranate im CDS-Markt“, sagte Wall-Street-Legende Art Cashin von UBS der Agentur Bloomberg.
Weil Griechenland 50 Prozent seiner Schulden erlassen werden sollen, ohne offiziell Staatsbankrott zu erklären, sei jetzt das ganze Konzept von CDS anzuzweifeln, sagte Cashin: „Wie soll es einen Markt für Anleihen aus Portugal, Spanien, Italien geben, wenn diese nicht versichert werden können?“

Auf einen Blick

MF Global hat am Montag Bankrott angemeldet. Am Wochenende hatte der Wertpapierhändler noch versucht, einen Käufer zu finden. Gleichzeitig dürfte man Kundengelder verloren haben – bei dem Versuch, Verluste aus Wetten der Bank auszumerzen. Die zuständige CME Group bestätigt die fehlende Trennung von Konten der Kunden und jenen der Bank. Das FBI ermittelt.

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