EZB senkt Leitzins überraschend auf 1,25 Prozent

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EZB(c) dapd (Martin Oeser)
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Bei der ersten Sitzung unter der Leitung von Mario Draghi senkt die EZB den Leitzins. Sie erwartet ein nur "sehr mäßiges" Wirtschaftswachstum.

Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag den Leitzins für die Euro-Zone überraschend auf 1,25 Prozent gesenkt. Bei der ersten EZB-Ratsitzung unter Leitung ihres neuen Präsidenten Mario Draghi verringerte die Notenbank den Zinssatz damit um 0,25 Prozentpunkte. Damit beschloss die Notenbank erstmals seit Mai 2009 wieder eine Absenkung des Leitzinses.

"Die Entscheidung war einstimmig", sagte Draghi, der erst am Dienstag die Nachfolge des Franzosen Jean-Claude Trichet angetreten hatte. Somit stimmte auch Vertreter einer restriktiven Geldpolitik, wie der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, zu. Der EZB-Rat erwarte im zweiten Halbjahr 2011 ein nur "sehr mäßiges" Wirtschaftswachstum in der Währungsunion, warnte Draghi. Die Inflationsrate werde noch für einige Monate über zwei Prozent liegen, bevor sie im kommenden Jahr unter die Zwei-Prozent-Marke fallen werde.

Inflationsrate bei rund drei Prozent

Beobachter waren im Vorfeld der Entscheidung mehrheitlich davon ausgegangen, dass die Währungshüter den Zinssatz im November auf seinem bisherigen Stand von 1,5 Prozent belassen würden. Mit der überraschenden Absenkung reagierten sie nun auf die sich eintrübenden Wirtschaftsaussichten. Niedrige Zinsen sollen dabei die Investitionsfreudigkeit der Unternehmen anfeuern. Das birgt jedoch die Gefahr, dass die Inflation im Euro-Raum weiter steigt. Sie lag im vergangenen Monat bei 3,0 Prozent. Eigentlich ist die Notenbank darum bemüht, die Teuerungsrate knapp unter zwei Prozent zu halten.

Die Regierungen der Euro-Zone sollten bei ihren Bemühungen zur Beilegung der Euro-Krise nicht zu viele Hoffnungen in die EZB setzen, betonte Draghi. Auf die Frage, ob die EZB noch mehr Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder kaufen werde, erwiderte der Italiener, die Regierungen sollten "nicht auf Hilfe von außen" setzen, sondern auf "ihre Fähigkeit, sich selbst zu reformieren". Seit 2010 hatte die EZB wiederholt Staatsanleihen von Portugal, Irland, Spanien und Italien aufgekauft, um eine Ausweitung der Euro-Krise zu verhindern. Dieser Schritt war innerhalb der EZB höchst umstritten.

IWF unterstützt Entscheidung

Der Internationale Währungsfonds (IWF) begrüßte die unerwartete Leitzinssenkung. Der IWF unterstütze die EZB-Entscheidung ausdrücklich, "die den nachlassenden Preisdruck und die zunehmend negativen Perspektiven für die Euro-Zone" widerspiegele, sagte ein IWF-Sprecher in Washington.

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