Kopfwäsche für Italien, Kopfzerbrechen über Tobin-Tax

Kopfwaesche fuer Italien Kopfzerbrechen
Kopfwaesche fuer Italien Kopfzerbrechen(c) REUTERS (TONY GENTILE)
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EU-Finanzminister: Italien muss seine Schuldenprobleme vorerst selbst lösen. Eine Gruppe von Euroländern treibt die Finanztransaktionssteuer voran.

Brüssel. Europas Finanzminister machten am Montag und Dienstag bei ihrem Ratstreffen klar, dass Italien vorerst nicht auf Hilfskredite zur Bewältigung seiner Schuldenkrise hoffen darf. „Italien weiß selbst, dass es im Hinblick auf die Größe des Landes nicht auf Hilfe von außen hoffen kann“, sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) am Dienstag und gab damit den Geist der Sitzung wieder.

Gleichzeitig gab die Europäische Kommission bekannt, dass ihre Expertenmission heute, Mittwoch, in Rom die Arbeit aufnehmen und die von Italien versprochenen Reformen bewerten werde.

Italiens Finanzminister eilte nach Rom

Die Finanzminister blieben um mehrere Stunden länger als üblich hinter verschlossenen Türen, was nicht nur darauf zurückzuführen war, dass sie die Ereignisse im römischen Parlament und die Bestellung der Übergangsregierung in Athen abzuwarten hatten. Italiens Finanzminister Giulio Tremonti reiste gar am Dienstagmorgen vor Beginn des Ratstreffens zurück nach Rom, um beim möglichen Rücktritt seines Regierungschefs Silvio Berlusconi anwesend zu sein.

Das Treffen zog sich auch deshalb in die Länge, weil sich die Finanzminister bei ihrer ersten Diskussion über den Vorschlag der Kommission zur Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen in die altbekannten Lager von Gegnern und Befürwortern spalteten. Die Anhänger dieser nach dem US-Ökonomen James Tobin benannten Steuer scharten sich um Deutschland und Frankreich. Auch Belgien, Finnland, Griechenland, Spanien, Slowenien und Österreich unterstützen den Vorschlag der Kommission, demzufolge eine Steuer von 0,1 Prozent auf den Transfer von Aktien und Anleihen sowie von 0,01 Prozent auf derivative Finanzprodukte ab dem Jahr 2014 jährlich bis zu 57 Milliarden Euro bringen soll, die zwischen den Budgets der Mitgliedstaaten und dem EU-Haushalt geteilt werden könnten.

Strikt gegen die Einführung einer solchen Tobin-Tax ist keines der Länder aus der Eurozone, auch wenn am Dienstag Zypern, Malta, Irland, die Niederlande, Italien und Luxemburg Bedenken anmeldeten. Die Finanzminister Estlands und Portugals enthielten sich einer Wortmeldung.

Es zeichnet sich nun ab, dass eine Kerngruppe der Befürworter vorpreschen und eine sogenannte „verstärkte Zusammenarbeit“ beginnen wird. Der Lissabon-Vertrag räumt diese Möglichkeit ein, mit der sich ein Drittel der EU-Staaten zusammenschließen können, um in bestimmten Bereichen voranzuschreiten, wenn es auf Ebene der 27 keinen Konsens gibt. Neun Staaten sind also notwendig. Ministerin Fekter befürwortet dieses Vorgehen: Wenn es am Ende des Tages nicht möglich ist, alle 27 unter einen Hut zu bringen, wäre ich dafür, dass ein Teil das umsetzt.“ Und zwar nötigenfalls auch ohne Großbritannien und den Finanzplatz London. „Frankfurt und Paris sind ja auch elementare Finanzplätze“, sagte die Ministerin.

Goldreserven für Euro-Fonds „reine Ente“

Fekter erklärte zudem, dass die während des G20-Gipfels in Cannes aufgekommene Idee, die Reserven der Notenbanken der Euroländer für künftige Rettungsprogramme zu verwenden, aufgrund „großer Skepsis“ vom Tisch sei. Die Meldung, wonach darüber diskutiert werde, die Goldreserven der Notenbanken dafür einzusetzen, sei „eine klassische Medien-Ente der Sonderklasse“ gewesen. Tatsächlich sei es um die Frage gegangen, wie man dafür die Sonderziehungsrechte, also vereinfacht gesagt die Guthaben der Euroländer beim Internationalen Währungsfonds, verwenden könnte. „Gold erklärt sich am Stammtisch aber leichter als Sonderziehungsrechte“, sagte Fekter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2011)

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