Eurokrise: IWF sucht 600 Milliarden Euro für Italien

(c) AP (Michael Probst)
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Der Währungsfonds und die EZB wollen dem hoch verschuldeten Italien Zeit kaufen, berichten Medien. Der IWF dementiert.

Wien/Ag./Auer. Der Internationale Währungsfonds (IWF) bereitet offenbar ein milliardenschweres Rettungspaket für das hoch verschuldete Italien vor. Das berichtet zumindest die italienische Tageszeitung „La Stampa“ unter Berufung auf Vertreter des Währungsfonds. 600 Mrd. Euro Kredit soll der IWF dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti in Aussicht gestellt haben, um die Finanzlage des Landes zu stabilisieren. Das entspricht etwa einem Drittel der gesamten staatlichen Schuldenlast von 1,9 Billionen Euro, die derzeit auf der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone lastet.

Der IWF hat die Spekulationen zurückgewiesen. "Es gibt keine Gespräche mit den italienischen Behörden über ein Programm für eine IWF-Finanzierung", sagte ein Sprecher des Währungsfonds am Montag.

Mit dem Kredit bekäme Monti zwölf bis 18 Monate Zeit, um Budgetkürzungen und wachstumsfördernde Reformen durchzubringen, ohne sich auf dem Anleihemarkt finanzieren zu müssen. Vergangene Woche musste Italien seinen Gläubigern bereits 6,5 Prozent Zinsen für eine sechsmonatige Anleihe bezahlen – doppelt so viel wie noch vor einem Monat. Schon diese Woche wollte Italien gemeinsam mit Spanien, Belgien und Frankreich Geldgeber für 19Milliarden Euro auf dem Markt finden.

Kaum Geldgeber für Rettungsschirm

Selbst wenn Italien für die dadurch erhofften acht Mrd. Euro Investoren findet, billiger wäre ein IWF-Kredit mit einem kolportierten Zinssatz von vier bis sechs Prozent allemal. Der sucht indes nach Möglichkeiten, die 600 Milliarden nicht allein stemmen zu müssen. Im Gespräch ist etwa eine Konstruktion, in der die Europäische Zentralbank (EZB) als Kreditgeber und der IWF als Bürge auftreten. Mit dem Währungsfonds als Kontrollinstanz an der Seite könnte auch Deutschland seine Vorbehalte gegen eine stärkere Rolle der EZB in der Eurorettung abbauen, zitiert die Zeitung einen IWF-Vertreter.

Unterdessen steigt der Druck auf die EZB, die sogenannte „Bazooka“ aus der Lade zu holen und de facto ohne Limit auf dem Sekundärmarkt Anleihen von europäischen Pleitekandidaten zu kaufen. „Der politische Druck auf die EZB ist derzeit enorm“, sagte der scheidende EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark zur „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Es wird offen über eine Erweiterung unserer Aufgaben diskutiert“, erklärte er und warnte: „Das berührt nicht nur unsere Unabhängigkeit, sondern gefährdet sie.“ Berlin hat sich bisher klar gegen eine Ausweitung der Anleihenkäufe der EZB oder die Emission gemeinsamer europäischer Anleihen (Eurobonds) ausgesprochen.

Doch auch Angela Merkel weiß: Sollte Italien ein ähnliches Schicksal erleiden wie Griechenland, wird kein Rettungsschirm das Land auffangen können. Nach einem Bericht des „Spiegels“ verschärft sich dieses Problem zusehends, da der Rettungsschirm (EFSF) selbst kaum Geldgeber findet. Der Versuch, die verbliebenen Geldmittel von 250 Mrd. Euro auf über eine Billion zu hebeln, stehe vor dem Scheitern, berichtet das Magazin ohne Nennung von Quellen. Die potenziellen Investoren aus Asien seien zurückhaltend.

Berlin forciert schnelle Vertragsänderung

Die beiden größten Wirtschaften der Eurozone, Deutschland und Frankreich, treten unterdessen die Flucht nach vorn an. Statt auf den Europäischen Rat am 8. Dezember zu warten, wollen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy schon diese Woche einen neuen Euro-Stabilitätsvertrag vorlegen, berichtet die deutsche „Welt am Sonntag“. Da die nötigen Veränderungen an den EU-Verträgen zu langwierig seien, solle das Abkommen, das strenge Haushaltsvorgaben vorsieht, zunächst mit einzelnen Staaten unterzeichnet werden. Deutschland und Frankreich dementierten derartige Verhandlungen über einen „Klub der Super-Europäer“ innerhalb der Eurozone.

Auf einen Blick

Das hoch verschuldete Italien könnte schon bald einen 600Milliarden Euro schweren Kredit von IWF und EZB erhalten, berichtet „La Stampa“. Das entspricht etwa einem Drittel der Staatsschulden des Landes.

Kaum Geldgeber findet unterdessen die EFSF, die eigentlich als Rettungsanker für angeschlagene Eurostaaten geplant war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2011)

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