Sparpaket fixiert: Italien schnürt den Gürtel noch enger

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Regierungschef Mario Monti will schon im kommenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren. Der Staat will sich vor allem über höhere Steuern sanieren.

Rom/Ag./Red. Der Ärger mit den Gewerkschaften scheint programmiert. Mario Monti hat dennoch keine andere Wahl. Der neue italienische Regierungschef muss die Schulden des Landes drastisch reduzieren und hat am Sonntag dem Ministerrat in Rom sein Sparpaket über rund 24 Mrd. Euro vorgelegt. Auf diese Weise soll schon bis zum Ende des kommenden Jahres ein ausgeglichenes Budget erreicht werden – ein Jahr früher als ursprünglich geplant.

Die Regierung hat das Sparpaket überraschend noch am Sonntagabend verabschiedet. Ursprünglich war dies erst am Montag geplant. Mit der ungeplanten Vorverlegung der Einsparungen will das seit zwei Wochen amtierende Fachleutekabinett vor der Eröffnung der Finanzmärkte am Montag ein Zeichen setzen, die Forderungen aus Brüssel erfüllen zu wollen. Das Paket soll bis Weihnachten von beiden Kammern des Parlaments verabschiedet werden.

Wachstum, soziale Fairness, Budgetdisziplin

Das Sparpaket soll sich nach Angaben Montis auf drei Pfeiler stützen: Wachstum, soziale Fairness und Budgetdisziplin.

• Einer der wohl umstrittensten Punkte wird die Pensionsreform sein. Demnach soll das Pensionsantrittsalter von Frauen und Männern angepasst werden. Frauen sollen ab 2012 bis zum 62.Lebensjahr arbeiten, bis 2016 ist eine Anhebung auf das 65. Lebensjahr vorgesehen. Auch Männer sollen um zwei Jahre länger, nämlich bis 67, im Arbeitsleben bleiben. Arbeitnehmer würden nicht mehr automatisch nach 40, sondern frühestens nach 42Dienstjahren in den Ruhestand treten können.

Die beiden gemäßigten Gewerkschaftsverbände CISL und UIL haben schon Widerstand angekündigt und die Italiener zu einem zweistündigen Streik am kommenden Montag gegen die Pensionsreform aufgerufen.

Der stärkste italienische Gewerkschaftsverband CIGL will sogar einen Generalstreik gegen die Pensionsreform aufrufen "Die Kosten des Sparpakets belasten allein Arbeitnehmer und Pensionisten und retten die einkommensstarken Bürger. Sie wird rezessive Auswirkungen auf das Land haben", sagte CGIL-Sprecher Gianni Rinaldini. Ein Datum für den Generalstreik wurde noch nicht bekanntgegeben.

• Ein weiterer Eckpunkt sind höhere Steuereinnahmen. Die Einkommensteuer soll von 41 auf 43 Prozent erhöht werden. Betroffen davon wären Einkommen ab 55.000 Euro. Wer mehr als 80.000 Euro im Jahr verdient, muss künftig 45 statt 43Prozent an den Fiskus abführen. Einkommen ab 300.000 könnten darüber hinaus noch stärker belastet werden. Schon Montis Vorgänger Silvio Berlusconi hat für diese Vermögen eine entsprechende Sonderabgabe beschlossen. Eine von Berlusconi abgeschaffte Immobiliensteuer soll nach Montis Willen wieder eingeführt werden und 3,5Mrd. Euro in die Staatskasse spülen.

• Monti will Steuern aber nicht nur erhöhen, sondern sie auch senken. Zumindest sollen jene Unternehmen in den Genuss von Steuerbegünstigungen kommen, die in Infrastruktur-Großprojekte investieren. Zudem will die Regierung Immobilien, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, verkaufen. Die Privatisierung von Firmen, die sich im Besitz von Gemeinden oder Städten befinden, soll vorangetrieben werden.

• Auch in den Arbeitsmarkt soll Bewegung kommen. Besonders Frauen und Jugendliche dürften im Fokus des Programms stehen. An die Einführung eines Mindesteinkommens für Arbeitslose wird ebenso gedacht.

Währungsfonds stünde bereit

Das Sparpaket ist nicht das erste, das die Regierungsspitze in Rom in diesem Jahr beschlossen hat. Unter Berlusconi sind Einsparungen von rund 50 Mrd. Euro auf den Weg gebracht worden. Italien hat dies auch bitter nötig. Denn die Staatsverschuldung des Landes erreicht mittlerweile 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Weil der Staat zuletzt hohe Zinsen auf den Anleihemärkten hat zahlen müssen, verteuert sich auch die Rückzahlung der Schulden. Dies wiederum belastet die angeschlagene Situation des Landes noch mehr.

In der jüngsten Vergangenheit machten daher Gerüchte über ein Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Runde, die allerdings dementiert wurden. IWF-Chefin Christine Lagarde deutete am Wochenende jedoch an, maroden Staaten mit Krediten aushelfen zu können. „Nach meinem Wissen ist dies aber noch nicht beantragt worden“, sagte sie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2011)

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