Thriller-Autor Eckert: "Die Gier steckt in uns allen"

EckertInterview
EckertInterview(c) Kathie Wewer
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Horst Eckert hat mit "Schwarzer Schwan" einen fesselnden Wirtschaftsthriller geschrieben. Im DiePresse.com-Interview spricht er über Krimis und Krisen.

Der deutsche Thriller-Autor Horst Eckert (52) vermittelt auf leicht verständliche und zugleich spannende Weise, wie Politik, Wirtschaft und Polizeiarbeit funktionieren - auch und vor allem auf Ebene des Tagesgeschäfts. Mit "Schwarzer Schwan" hat er 2011 einen entlarvenden gesellschaftskritischen Thriller geschrieben. Der Autor macht in seinem Buch schwer verdauliche Inhalte wie Bankencrash, Griechen-Pleite und Atomausstieg greifbar. Im DiePresse.com-Interview spricht er über das Machtverhältnis zwischen Politik und Wirtschaft, die Bedeutung guter Krimis und warum nach der Krise vor der Krise ist.

DiePresse.com: Bei der Lektüre Ihres Buches "Schwarzer Schwan" lernt man mehr über Bankencrashs, Griechenland-Pleite und Atomausstieg als in vielen Sachbüchern. Welche Rolle kommt gesellschaftskritischen Krimis und Thrillern in Zeiten wie diesen zu?

Im besten Fall können sie den Blick schärfen. Misstrauen säen, wo es notwendig ist, denn die Interessen der Akteure entsprechen nicht immer dem, was sie öffentlich verlautbaren. Ein guter Krimi unterhält nicht nur spannend, sondern führt auch in die Abgründe der menschlichen Seele und die verborgenen Ecken der Gesellschaft.

Vor allem Thriller werden im deutschsprachigen Raum gern als Trivialliteratur bezeichnet. Wird das Spannungs-Genre noch immer unterschätzt?

Nein, der Krimiboom ist enorm und das hat seinen Grund. Schon Friedrich Schiller sagte einmal sinngemäß: Wer sich über Psyche und Moral des Menschen kundig machen möchte, sollte sich in den Kriminalakten, Gerichten und Gefängnissen umsehen. Natürlich gibt es im Spannungsgenre auch viel Schund, aber das gilt für jede Sparte der Literatur.

Nachdem Sie nun einen Finanz-Thriller geschrieben haben: Sind Banker gieriger als andere Menschen?

Die Gier steckt in uns allen. Bei Investmentbankern geht es nur um andere Summen.

Die Finanzkrise wird gern als "Schwarzer Schwan", also ein extrem unwahrscheinliches Ereignis dargestellt, das nicht vorhersehbar war. Stimmt das?

Für den kleinen Akteur, der nicht aus seinem Hamsterrad blickt, stimmt das vielleicht. Wer aber längerfristig hinguckt, versteht rasch, dass es in unserer Wirtschaftsweise keine "unsichtbare Hand" gibt, die das Marktgeschehen zum Wohle aller ordnet. Vielmehr gilt: Nach der Krise ist vor der Krise. Das erklärt in meinem Roman auch Spitzenbanker Dingendorff der deutschen Kanzlerin.

Sie sezieren in Ihrem Buch die Machtverhältnisse zwischen Politik und Wirtschaft? Wer gibt Ihrer Meinung nach den Ton an?

Eigentlich setzt die Politik die Rahmenbedingungen. Wenn aber die Lobbyisten der Konzerne zu viel Einfluss bekommen und die Regierenden die Nähe zu den großen Wirtschaftsbossen suchen, kippt das Verhältnis rasch. In den letzten Jahrzehnten hat der Neoliberalismus auch die sozialdemokratischen Parteien gepackt. Die Lockerungen der Finanzgesetze wurden in Deutschland während der rot-grünen Koalition von Bankenvertretern mitformuliert. Und trotz aller nachdenklichen Worte seit 2008 sehe ich da keine Wende.

Sie porträtieren ein Deutschland, das an allen Ecken und Enden von der Wirtschaftskrise geprägt ist. Hat sich das Land durch die Krise verändert?

Es steht weit besser da als manche im Süden der EU. Aber was taugen relativ geringe Arbeitslosenzahlen, wenn viele Beschäftigte von ihrem Lohn kaum leben können oder permanent Angst um ihre Zukunft haben müssen? Dass die Schere zwischen Arm und Reich auch in wohlhabenden Ländern immer weiter auseinander klafft, finde ich einen Skandal.

In Ihrem Buch kämpft die deutsche Kanzlerin, "Mutti", mit den Auswirkungen der Schuldenkrise. Wie beurteilen Sie die Rolle der echten Kanzlerin Angela Merkel?

Weil auch sie das freie Spiel der Bankkonzerne nicht einschränken will, kann sie keine neuen Krisen vermeiden, sondern nur die Folgen verwalten. Ich hoffe vor allem, dass dabei die EU-Staaten nicht weiter auseinanderdriften. Miteinander leben wir besser als gegeneinander.    

Wie schafft man es angesichts der aktuellen Entwicklungen, die sich manchmal fast stündlich überschlagen, beim Schreiben den Überblick zu behalten?

Indem ich meine Romanfiguren und ihre Geschichte im Auge behalte. Denn um sie geht es in erster Linie. Die Figuren stehen für unsere Gesellschaft. Alle weiteren Bezüge zur Aktualität sind funkelndes Beiwerk.

Was halten Sie eigentlich von der "Occupy Wall Street"-Bewegung?

Ich beobachte das mit Sympathie und Skepsis. Wenn die Politik bürgernäher werden soll, muss sich noch viel mehr bewegen.

Welchen Krimi oder Thriller zum Thema Finanz- und Wirtschaftskrise würden Sie empfehlen?

Tut mir leid, so speziell gefragt fehlt mir die Kenntnis. Der beste Roman, den ich zuletzt gelesen habe, ist "Tage der Toten" von Don Winslow. Auch hier geht es um die Verflechtung von Politik und Wirtschaft, allerdings ihrem illegalen Zweig, dem Drogengeschäft.

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