Kapital: Singapur ist die neue Schweiz

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Das Schweizer Bankgeheimnis ist so gut wie aufgehoben. Elf Banken stehen deswegen im Visier der US-Justiz. Die Kundschaft, übersiedelt ihr Vermögen daher nach Asien.

Wien. Die Fluggesellschaften haben bereits reagiert. Lufthansa und Singapore Airlines setzen wegen der starken Nachfrage auf der Strecke Frankfurt–Singapur den neuen Großraumflieger A380 ein. Laut einer Umfrage von PricewaterhouseCoopers bei reichen Privatleuten dürfte Singapur im nächsten Jahr die Schweiz als wichtigsten Vermögensverwaltungs-Standort ablösen. Denn das Schweizer Bankgeheimnis ist so löchrig wie Emmentaler Käse. Schuld daran sind US-Behörden, die verlangen, das Schweizer Banken die Daten ihrer Kunden herausrücken.

Elf Banken stehen deswegen im Visier der US-Justiz. Einige von ihnen verhängten vorübergehend ein Reiseverbot, um zu verhindern, dass Mitarbeiter in den USA verhaftet werden. Bis Ende Februar will das Parlament in Bern den USA eine „Weißgeld-Initiative“ vorlegen. Diskutiert wird, dass die Schweizer Banken von ausländischen Kunden eine Erklärung verlangen, dass sie ihr Geld versteuert haben. Doch die US-Behörden legen sich dagegen quer und beharren darauf, dass die Daten ihrer Bürger ausgehändigt werden.

Auch die EU erhöht den Druck. Großbritannien und Deutschland haben mit den Eidgenossen ein Steuerabkommen geschlossen, nun will Österreich folgen. Demnach soll Schwarzgeld ausländischer Kunden nachträglich versteuert werden. Vorgesehen ist unter anderem eine einmalige Zahlung zwischen 19 und 34Prozent des Vermögens.

Schweizer Banken „wandern aus“

Das Geld wird von den Banken eingehoben, Kundendaten sollen aber nicht weitergeleitet werden. Doch das deutsch-schweizerische Abkommen, das der Wiener Regierung als Vorbild dient, enthält auch Schlupflöcher. So wird die Steuer erst eingehoben, wenn sich das Vermögen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags (voraussichtlich Anfang Jänner 2013) noch in der Schweiz befindet. Wer bis dahin sein Geld abzieht, ist aus dem Schneider. Viele Schweizer Banken gründeten daher zuletzt Tochtergesellschaften in Asien – besonders beliebt ist Singapur. Die Kunden können mit ihrem Vermögen gleich mit übersiedeln.

Das Bankgeheimnis in Singapur gilt als eines der strengsten der Welt. Wer sein Vermögen in einer Familienstiftung anlegt, ist generell steuerbefreit. Druck von den Amerikanern gibt es vorerst nicht. Für die USA ist Singapur ein wichtiger Verbündeter und militärischer Stützpunkt. Praktisch alle Schweizer Großbanken sind schon in der asiatischen Metropole vertreten, hinzu kommt noch eine Vielzahl kleinerer Finanzdienstleister.

Laut einem „Bloomberg“-Bericht kündigte nun die Privatbank Julius Bär an, weitere Teile ihres Geschäfts dorthin zu verlagern. Betroffen sind unter anderem das Treasury, in dem die Finanzanlagen verwaltet werden. Offiziell nennt Julius-Bär-Chef Boris Collardi die hohen Kosten in der Schweiz als Grund für die Verlagerung. Medienberichten zufolge könnte auch der US-Steuerstreit eine Rolle gespielt haben. Julius Bär verwaltet ein Vermögen von 170 Mrd. Franken und ist ebenfalls auch in den USA angeklagt.

Allerdings macht die OECD Druck auf Singapur. Sie fordert die dortige Regierung auf, mit anderen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen zu schließen. Doch Singapur lässt sich mit der Umsetzung Zeit. Als Alternative wird bereits Brunei gehandelt. Das Sultanat, in dem das islamische Recht gilt, wird von Banken aus Liechtenstein bevorzugt. Die Fondstochter der Valartis Bank etwa wirbt auf ihrer Brunei-Homepage mit den Standortvorteilen des asiatischen Kleinstaates. Als Besonderheit gilt der „Brunei Trust“, weil hier fast keine Abgaben zu zahlen sind. Und die Stifter genießen höchste Diskretion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2012)

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