Strompreise im „Spitzenfeld“ der EU

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Private Stromkunden bezahlen bis zu zehn Prozent zu viel für ihren Strom, klagt der Energieregulator E-Control. Im EU-Vergleich zählt Österreich bei Strom und Gas mittlerweile zu den teuersten Ländern.

Wien/Auer. Österreichs Haushalte bezahlen jedes Jahr im Schnitt bis zu 40 Euro zu viel für ihren Strom, sagte Walter Boltz, Chef des Energieregulators E-Control bei der Präsentation des E-Control-Jahresberichts am Donnerstag. „Seit einem halben Jahr müssten die Preise sinken.“ Doch während die Industriekunden zumindest teilweise an den fallenden Großhandelspreisen mitnaschen durften, kam bei den privaten Stromkunden davon nichts an. In Summe würden die heimischen Stromversorger ihren Haushaltskunden derzeit 120 Millionen Euro im Jahr zu viel verrechnen, rechnete der Regulator vor.

Auch der Vergleich mit anderen EU-Staaten fällt für Österreichs Energieunternehmen nicht gerade rosig aus. Zählten sie noch vor sechs Jahren zu den billigsten Strom- und Gaslieferanten der Europäischen Union, so sind sie heute in beiden Bereichen unter den teuersten zehn EU-Staaten zu finden (siehe Grafik). Nur in fünf EU-Ländern ist der Strompreis (inklusive Netzgebühren, ohne Steuern und Abgaben) derzeit höher als in Österreich.

Zwischen 2000 und 2011 stieg der heimische Stromverbraucherpreisindex um 28,4 Prozent, der Gasverbraucherpreisindex um 64,2 Prozent an. Maßgeblich sind dabei jeweils die Gesamtkosten für die Endkunden inklusive Steuern und Abgaben.

Strom-„Verweigerungskartell“

„Die Firmen haben sich auf dem liberalisierten Markt arrangiert“, sagte Boltz. Mit dem konsequenten Wechsel des Strom- und Gasanbieters könnten Kunden zwar über die Jahre hunderte Euro einsparen, aber letztlich sei keiner der etablierten heimischen Versorger auf einen aggressiven Preiskampf in Österreich aus. Und für ausländische Anbieter seien die Eintrittsbarrieren in den kleinen Markt derzeit einfach noch zu hoch.
Die Kritik an den Stromversorgern ist nicht neu: Erst im Herbst startete der Regulator eine groß angelegte Strommarktuntersuchung. Um sieben bis zehn Prozent seien die Energiepreise zu hoch, vermutete die E-Control damals. Um den Verdacht zu erhärten, forderte sie Einblick in die Preiskalkulationen von 19 Energieunternehmen. Als „Verweigerungskartell“ bezeichnete es der Regulator am Donnerstag, dass alle 19 angefragten Firmen ihn abblitzen ließen und stattdessen Einspruch beim Verwaltungsgerichtshof einlegten. „Die E-Control hat nicht das Recht, diese Daten zu bekommen“, legte Ernst Brandstetter, Sprecher des Branchenverbands Oesterreichs Energie, die Position der Energieunternehmen dar.

Auch die grundsätzliche Kritik der E-Control an der Preisgestaltung der Branche sei für ihn nicht nachvollziehbar. Derzeit würden die Stromunternehmen in Österreich pro Kilowattstunde im Schnitt eine „sehr niedrige“ Marge von einem Cent erzielen. Eben diese geringe Marge sei aus seiner Sicht auch der Grund für das Ausbleiben ausländischer Konkurrenten.

„Amtliche Preisregulierung“

Die heimischen Landesversorger hätten als marktbeherrschende Unternehmen in ihren Regionen den öffentlichen Auftrag, gesunkene Großhandelspreise „angemessen“ an die Privatkunden weiterzugeben, betonte Boltz. Ob auch rechtlich gegen die Unternehmen vorgegangen werden könne, sei derzeit offen.

Schon die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, ob die E-Control Einblick in die Preiskalkulationen der Versorger nehmen darf, dürfte noch mindestens ein Jahr auf sich warten lassen. Eine raschere Lösung verspricht dagegen die vom Wirtschaftsministerium geplante Novelle des „Nahversorgungsgesetzes“. Demnach wären die Energieversorger aufgrund der Beweislastumkehr künftig verpflichtet zu beweisen, dass ihre Preise nicht zu hoch sind.

Noch ist die Novelle nicht beschlossen. Doch sollte das Nahversorgungsgesetz im kommenden Herbst in Kraft treten, könnte es ab Mitte 2013 „faire Preise“ für Haushaltskunden geben, sagte Boltz. Die E-Wirtschaft geißelte das Gesetzesvorhaben unterdessen als Rückkehr zur „amtlichen Preisregulierung“.

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