Flüssiges Gold: Geldwäsche wörtlich genommen

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Fluessiges Gold Geldwaesche woertlich(c) AP (Mark Lennihan)
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In den USA sorgen große Waschmittel-Diebstähle für Aufregung. Es soll am Schwarzmarkt inzwischen sogar als „Währung“ dienen.

Amerikaner sind TV-Bilder von Drogen- und Waffenlagern gewöhnt. Aber Waschmittel? In Maryland wurde eine Diebesbande festgenommen, die Waschmittel der bekannten Marke „Tide“ im Wert von 125.000 Dollar gestohlen und eingelagert hatte. Kein Einzelfall: Die Polizisten von Maryland nennen „Tide“ inzwischen „flüssiges Gold“, weil sich das Waschmittel offenbar als eine Art Währung am Schwarzmarkt etabliert hat. Ähnliche Fälle sind aus Kalifornien, Oregon und anderen Bundesstaaten bekannt. Eine Flasche „Tide“ kostet im Geschäft zehn bis 20 Dollar und ist auf der Straße mindestens fünf bis zehn Dollar wert. Die Zeitung „The Daily“ zitiert einen Polizisten aus Oregon: „Sie kaufen Heroin oder Meth mit Waschmittel. Manchmal sehen wir Leute, die mit sechs, sieben Flaschen „Tide“ die Straße entlangspazieren.“

Noch ist der „Tide“-Diebstahl kein nationales Phänomen, aber einige Supermarktketten bieten das Waschmittel nur noch mit Diebstahlschutz an. Die Beliebtheit von „Tide“ auf dem Schwarzmarkt hat mehrere Gründe. Bargeldzahlung wird in den USA immer unüblicher, der 100-Dollar-Schein wird nur ungern akzeptiert. Manche Drogendealer scheinen ihr Geld mit „Tide“ im (fast) wahrsten Sinn des Wortes zu waschen.

Die zunehmende Entwertung des Dollars und die damit einhergehende Verarmung der Massen dürfte aber auch eine Rolle spielen. Immerhin stürzten sich die hyperinflationsgeplagten Weißrussen vergangenes Jahr ebenfalls auf Waschmittel und Shampoo als Ersatzwährungen.

Der Ökonom Joseph T. Salerno schreibt dazu: „Für einen Rohstoff, der sich aus dem Tauschhandel heraus in Geld verwandelt, ist es notwendig, dass er weithin Verwendung findet, über eine klare Wiedererkennbarkeit verfügt und haltbar ist. Überdies muss er über eine relativ hohe Wertdichte verfügen, sodass man ihn auch leicht transportieren kann. Tide ist die beliebteste Waschmittelmarke in den USA und wird praktisch von allen sozioökonomischen Schichten verwendet.“ Sich mit „Persil“ einzudecken könnte also auch bei uns bald eine alternative Anlagestrategie sein.

E-Mails an: nikolaus.jilch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2012)

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