Bis die „Dicke Bertha“ nach hinten losgeht

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Hinter den teils flapsigen, teils technokratischen Worten der Notenbanker lauert eine unausgesprochene Wahrheit: Gelddrucken alleine wird die Krise nicht lösen. Und den Zentralbanken gehen langsam die Ideen aus.

Wien. Brandmauer, Rettungsschirm, Bazooka: Die Schuldenkrise hat dem ökonomischen Wortschatz ein paar erstaunliche Neuzugänge verschafft. Freilich: Politiker und Medien sind bemüht, den Menschen in möglichst einfachen Worten zu erklären, was geschieht. Die teils martialische Wortwahl soll den Ernst der Lage sowie den Tatendrang der politisch Verantwortlichen demonstrieren. Motto: Wir machen, was wir können!

Dass all diese flapsigen Ausdrücke nichts anderes beschreiben als das Auftürmen immer höherer Geldberge, kann die Herren und Damen Notenbanker nicht freuen. Nicht zuletzt versuchen diese, die Banalität der eigenen Maßnahmen ein wenig zu verschleiern. Aus Gelddrucken ist im Lauf der Krise zuerst „Quantitative Easing“ (Copyright: Federal Reserve) und dann „Longtime Refinancing Operation – LTRO“ (EZB) geworden. Einzig der neue EZB-Chef, Mario Draghi, hat kürzlich ein wenig stolz von seiner „Dicken Bertha“ gesprochen. Als hätte er es nötig, die Macht der EZB-Notenpresse auch den Stammtischen zu vermitteln.

Werkzeugkiste der EZB leert sich

Die notorisch inflationsbesorgten Deutschen freut das gar nicht. Jens Weidmann, Chef der Bundesbank, betont regelmäßig, dass Gelddrucken alleine zwar Zeit kauft – aber nicht die Krise lösen kann. Und dass das frische Geld aus den Notfallprogrammen der EZB zu hoher Inflation führen könnte, sollten die Wirtschaft tatsächlich angekurbelt und das Zentralbankgeld von den Banken gehebelt und verliehen werden. Seine Sorge kommt nicht von ungefähr, denn die Notfallmaßnahmen der EZB haben einen unangenehmen Nebeneffekt: Die „klassischen“ Werkzeuge zur Abschöpfung der Liquidität stehen nicht mehr zur Verfügung.

Nachdem die Banken sich via LTRO mit billigen dreijährigen Krediten in der Höhe von mehr als einer Billion Euro versorgt haben, ist der EZB das Hauptwerkzeug zur Inflationsbekämpfung de facto genommen: Eine Erhöhung der kurzfristigen Zinsen würde zwar fette Schlagzeilen bringen – jedoch kaum den gewünschten Effekt.

Denn die kurzfristigen Kreditgeschäfte zwischen EZB und Bankensektor sind nach Draghis Billionen-Geldspritze drastisch zurückgegangen und machen heute weniger als fünf Prozent der EZB-Bilanz aus. Zum Vergleich: Die 1,1 Billionen Euro aus der LTRO-Spritze entsprechen 37 Prozent der EZB-Bilanz und laufen erst 2015 aus.

Auch andere Standardwerkzeuge der Inflationsbekämpfung fallen aus. So hat Draghi die Mindestreserve von zwei auf ein Prozent gesenkt. Die Mindestreserve regelt die Gelderzeugung durch die Banken. Liegt sie bei einem Prozent, können die Banken aus einem Euro Zentralbankgeld 99 Euro an Krediten schöpfen. Eine Anhebung der Reserve würde zwar inflationsdämpfend wirken, könnte aber zu Bankpleiten führen, weil die Banken der Südländer kaum zusätzliche Reserven haben.

Bleibt die Wirtschaft schwach?

Fehlende Inflationsbekämpfung durch die EZB wäre nicht so schlimm, wenn die Banken das LTRO-Geld vorzeitig zurückzahlten. Aber das würde bedeuten, dass die Kreditnachfrage schwach bleibt und mit ihr die Wirtschaft. Sollten beide anspringen und die Banken das Geld in den Kreislauf füttern, könnte die Inflation außer Kontrolle geraten. Dann würde die „Dicke Bertha“ nach hinten losgehen.

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