China lockert seine Währungspolitik

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Der Yuan soll künftig stärker zum Dollar schwanken dürfen als bisher. Den USA ist dieser Schritt noch immer viel zu wenig. Lob kam vom IWF.

Peking/Reuters/Dowjones/Dpa. Ab Montag darf die chinesische Währung Yuan stärker vom Dollarkurs abweichen als bisher. Die Regierung in Peking weitet die zuvor geltende Handelsspanne von 0,5 Prozent auf ein Prozent in beide Richtungen aus. So weit darf der Kurs künftig vom Mittel für den Yuan-Dollar-Handel abweichen. Das Mittel legt freilich noch immer die chinesische Notenbank fest und gibt damit vor, wie sich die Regierung die maximalen Schwankungen im Devisenhandel des Tages vorstellt.

Die Chinesen gehen mit dem jüngsten Lockerungsschritt dennoch weiter als erwartet: Marktteilnehmer haben mit einer Erhöhung auf 0,7 Prozent gerechnet, stellt Ting Lu, Volkswirt bei der Bank of America Merrill Lynch, fest. Nun kann sich die chinesische Währung stärker an Marktpreisen orientieren und auch stärker aufwerten. China dürfte damit ein Signal für eine weitere Öffnung vor der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank am kommenden Wochenende in Washington setzen.

Denn der internationale Druck auf die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, seine Währungspolitik zu lockern, ist groß: Peking wird von seinen westlichen Handelspartnern, allen voran den USA, seit Langem vorgeworfen, den Yuan-Kurs künstlich niedrig zu halten, um der eigenen Exportwirtschaft einen Vorteil zu verschaffen.

Doch hat der Yuan in den vergangenen Jahren– auch wegen des internationalen Drucks– kräftig aufgewertet. Der chinesische Regierungschef Wen Jiabao rechnete Mitte März vor, dass die Währung seit 2005 um 30 Prozent zugelegt habe. Auf dem Markt in Hongkong schwanke er schon in beide Richtungen. „Das zeigt uns, dass er möglicherweise auf einem ausgeglichenen Niveau liegt“, sagte Wen Jiabao. Auch gehe der chinesische Außenhandelsüberschuss zurück.

Wirtschaft kühlt sich ab

Tatsächlich zeichnet sich in China eine Abkühlung der Wirtschaft ab, was den Chinesen den Schritt zur Lockerung erleichtern dürfte. Im ersten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt zum Vorjahreszeitraum um 8,1 Prozent. Im Vorquartal hatte das Wachstum noch 8,9 Prozent betragen. Ursachen für den Rückgang waren vor allem das schwächere Exportvolumen und die nachlassende Bautätigkeit. Die Regierung hat ihre Wachstumsprognose für heuer auf 7,5 Prozent gekürzt. Damit würde die Wirtschaft auf ihr schwächstes Jahr seit 1990 zusteuern.

„Die Zentralbank hat ein gutes Zeitfenster gewählt, um die Handelsspanne auszuweiten. Auf dem Markt schwächen sich die Erwartungen für einen stärkeren Yuan ab“, sagte Chefökonom Dong Xian'an von Peking First Advisory. Die meisten Analysten rechnen nicht mit einer deutlichen Aufwertung der Währung. Einige halten sogar einen Rückgang des Wechselkurses für möglich. Es gehe darum, mehr makroökonomische Flexibilität für eine Wirtschaft zu schaffen, die sich bis Ende des Jahrzehnts wahrscheinlich auf einen Zuwachs von fünf Prozent einpendeln werde, sagte Analyst Paul Markowski von MES Advisors. Dann werde sie einen flexiblen Wechselkurs erst recht benötigen.

Lob kam vom IWF. „Ich begrüße diesen wichtigen Schritt der Volksrepublik zur Erhöhung der Flexibilität der Währung“, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Dies unterstreiche Chinas Willen, seine Wirtschaft in Richtung einer stärkeren Inlandsnachfrage auszurichten und den Marktkräften mehr Raum zu geben.

Den USA geht der Schritt noch nicht weit genug: „Sie haben Fortschritte gemacht“, meinte Ben Rhodes, Berater von US-Präsident Barack Obama. „Davon würden wir gern mehr sehen.“

Yuan auf dem Weg zur Leitwährung?

Erklärtes Ziel der Regierung in Peking ist es, den Yuan bis 2015 zu einer frei konvertierbaren Währung zu machen. China will dabei die Rolle seiner Währung im Welthandel ausbauen und den Yuan als Alternative zur Leitwährung US-Dollar stärken.

So strebt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt die Akzeptanz von Krediten in chinesischer Währung vor allem in aufstrebenden Schwellenländern an. Nach einem Bericht der „Financial Times“ soll es der China Development Bank künftig möglich sein, Kredite in chinesischer Währung und nicht, wie bisher üblich, in US-Dollar zu vergeben.

Noch wird der größte Teil des Welthandels in US-Dollar abgewickelt. Die neuen Finanzkooperationen könnten jedoch nach Einschätzung von Experten die Verwendung des Yuan auch außerhalb Chinas fördern und die Dominanz des Dollars einschränken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2012)

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