Der EU-Generaldirektor für Energie sagt, dass das "Nabucco-Konsortium noch lebt", sieht aber "kostengünstigere Alternativen".
Die EU-Kommission fürchtet um die Zukunft des Pipeline-Projekts Nabucco, das Erdgas vom Kaspischen Meer nach Europa bringen soll und an dem der österreichische börsenotierte Mineralölkonzern OMV beteiligt ist. Der EU-Generaldirektor für Energie, Philip Lowe, sagte, dass das "Nabucco-Konsortium noch lebt." Aber das Projekt konkurriere "mit anderen Alternativen, die eventuell kostengünstiger erscheinen". Die EU-Kommission hatte sich in den vergangenen Jahren für Nabucco eingesetzt, das Europa unabhängiger von russischem Gas machen soll.
Lowe ist in Energiefragen der höchste EU-Beamte, er arbeitet eng mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger zusammen. Der Brite sagte, die Kommission habe sich seit dem November 2011 bewusst beim Thema Nabucco zurückgehalten, um "etwas politischen Abstand von den kommerziellen Verhandlungen zu nehmen". Nun seien die Unternehmen am Zug. "Die politischen Entscheidungen sind wichtig, um den Projekten die notwendige Rechtssicherheit geben. Aber wir nehmen Abstand von den einzelnen Entscheidungen in kommerziellen und technischen Dimensionen."
Zweifel an Plänen
Der deutsche Nabucco-Partner RWE hatte Mitte Mai Zweifel an den Pipeline-Plänen für den Fall angemeldet, dass das Projekt nur von der türkischen Grenze bis nach Österreich gebaut werden kann und zu wenig Gas bekommt. Die Leitung soll durch die Türkei laufen und von dort nach Österreich führen. Die Streckenaufträge werden aber separat vergeben - über den "Europa-Abschnitt" soll bis Ende Juni entschieden werden, über den "Türkei-Abschnitt" erst 2013. Besonders der Zuschlag für die Durchquerung der Türkei wäre für Nabucco wichtig, sagte Lowe.
Für Investoren stelle sich auch die Frage, ob das Leitungsprojekt europäischem oder türkischem Recht unterliege. Für das ursprüngliche Nabucco-Projekt gebe es ein Abkommen der beteiligten Staaten nach europäischem Recht. Sollte Nabucco für die Türkei-Querung nicht zum Zug kommen, fiele ein Alternativkonzept wohl unter türkisches Recht. "Das wird dann für Investoren wahrscheinlich weniger interessant", sagte Lowe.
Eine Sprecherin des Nabucco-Konsortiums sagte auf Anfrage, man konzentriere sich auf den Teil "Nabucco West" von der türkischen Grenze nach Österreich. Die Möglichkeit, auch den Zuschlag für den Türkei-Abschnitt zu bekommen, sei aber noch nicht vom Tisch.
(APA)