Karriere: "Der Weise regiert seine Sterne selbst"

Steht die Karriere in den Sternen? Ob die Astrologie als beruflicher Wegweiser taugt, diskutiert eine Expertenrunde in durchaus interessanter Konstellation. Denn diesem Thema können selbst Skeptiker etwas abgewinnen.

Wenn die Astrologin Sonja Schön die Sterne für Niki Laudas Lebensweg verantwortlich macht, klingt es plausibel. Durch eine besonders günstige Konstellation sei ihm der Erfolg quasi in die Wiege gelegt worden: "Nach Placidus hat er das typische Karriere-Horoskop mit gleich drei persönlichen Planeten im 10. Haus. Durch die Sonne ist er sehr zielgerichtet, der Mars verleiht ihm Durchsetzungskraft und Energie und steht überdies für den Rennsport und Venus verdankt er seine Gewandtheit auf dem gesellschaftlichen Parkett." Ebenso will uns einleuchten, dass der Saturn in Angela Merkels Leben angeblich dafür steht, dass sie es nicht durch Charisma, sondern durch harte Arbeit bis zur Kanzlerschaft brachte. Die Liste erfolgreicher Karrieren, die sich astrologisch gesehen als sprichwörtlich logisch erweisen, ließe sich freilich noch fortsetzen. Aber inwieweit können die Sterne für die Karriereplanung herangezogen werden? Sonja Schön: "Das Horoskop ist die Formel, die dem Leben zu Grunde liegt. Sie kann in kürzester Zeit Auskünfte über Fähigkeiten und Grenzen geben."

Josef Fiala, Vorstand für den Bereich Personal bei der Generali Versicherung, steht vorgezeichneten Karrierewegen eher skeptisch gegenüber: "Ich halte nichts von der Vorbestimmung   la Astrologie." Vielmehr macht er den Zufall, persönliche Lebensumstände und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die berufliche Laufbahn verantwortlich. In seinem Fall etwa die Tatsache, dass er überraschend bald Vater geworden ist: "Ich wollte eigentlich Rechtsanwalt werden, konnte mir aber damals eine längere Durststrecke als Konzipient einfach nicht leisten." Allerdings hänge es sehr wohl davon ab, wie sehr ein Mensch präsent sei, was durch die Sterne bestimmt sein könnte. Er ertappe sich selbst dabei, manchmal Horoskope zu lesen.

Kein Zufallsprodukt ist Karriere für Martin Mayer, Geschäftsführer der Iventa Personalberatung: "Die wesentliche Frage ist immer, wie viel Selbst- und wie viel Fremdbestimmtheit im Spiel sind. Externe Rahmenbedingungen könnten auch gute Sternbilder sein, in der Personalberatung spielen sie aber keine Rolle." Den wesentlich größeren Anteil ordne er jedenfalls persönlichen Eigenschaften wie Ehrgeiz oder Intelligenz zu.

Anders KFZ-Handelsunternehmer Heini Lietz, der sich in einer "immer hektischeren und rationaleren Zeit" gerne dazu bekennt, den Rat der Sterne zu suchen. Für den Firmenchef aus Waidhofen an der Ybbs, Nummer eins der heimischen Mazda-Händler, ist die Astrologie vor allem ein probates Mittel bei der Personalauswahl: "Neben der fachlichen Qualifikation setzen wir auf drei Dinge: die zwischenmenschliche Chemie, die DISG Profil-Analyse (dominant, intuitiv, stetig, gewissenhaft) und das astrologische Gutachten. Wenn alle Bereiche in die gleiche Richtung gehen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bewerber zu uns passt." Wo liegt hier die Grenze zur Zwangsbeglückung? "Ich sehe die Astrologie als Geschenk für die Mitarbeiter. Aber wenn ein Bewerber ein Horoskop ablehnt, muss ich andere Kriterien heranziehen."

Unterstützung erhält er dabei von Brigitte Hueber, Psychologin, Wirtschaftscoach und auf Kundenwunsch auch Sterndeuterin: "Die Astrologie ist eine zusätzliche Information, eine Entscheidungshilfe, aber kein Entscheidungsträger." Die Inhaberin des Österreichischen Astrologenpatents ist allerdings überzeugt, dass sich bei Vorlage der präzisen Geburtszeit die jeweilige Karriereeignung und Teamfähigkeit vorhersagen lassen: "Wenn jemand dazu bestimmt ist, im Hintergrund zu arbeiten, sollte er nicht in der ersten Reihe stehen." Vorgesetzte könnten durch Rücksichtnahme auf Sternzeichen dazu beitragen, dass ein Team reibungsärmer agiere.

Die Vorstellung, durch Ort und Zeitpunkt der Geburt determiniert zu sein, findet Personalberater Mayer eher erschreckend: "Ich glaube nicht an die These, dass jemand nur Buchhalter oder nur Verkäufer ist. Wenn die Sterne verantwortlich für Fähigkeiten sind, führt sich das ganze Bildungssystem ad absurdum." Hinzu käme, dass es bei beruflichen Entscheidungen nicht nur um das Können, sondern auch um das Wollen geht. "Ob ich etwas will, hängt auch vom sozialen Umfeld ab. Bei einem Ortswechsel entscheidet oft die Familie mit."

Letztendlich pragmatisch sieht Personalmanager Fiala die Astrologie: "Wichtig ist die Selbsteinschätzung. Je mehr Blickwinkel jemand hat, umso besser. Wenn die Astrologie für ein zusätzliches Feedback benötigt wird, ist das okay." Nach 14 Jahren im Recruiting will er Menschen aber in ihrer Gesamtheit beurteilt wissen: "Ich halte nicht viel davon, Menschen in Ratio und Emotion zu zerlegen. Entscheidungen sollten durch die eigene Einschätzung erfolgen, nicht von der Astrologie abgeholt werden."

Die Psychologin Hueber verweist bei Karriereberatung via Sternenkunde vor allem auf den Faktor Zeit. "In der Astrologie ist immer die Qualität spürbar, nicht das Ereignis. Es ist wie ein Uhrwerk, das einrastet." Die Qualität der Zeit könne genau berechnet werden und sei eine wichtige Entscheidungshilfe etwa vor Vertragsunterzeichnungen oder anstehenden Investitionen. "Wenn eine krisenhafte Zeit bevorsteht, macht es Sinn, Investitionen zu verschieben und vorher auf Einsparungen zu setzen. Derartige Tipps haben sich schon häufig als richtig erwiesen." Auch Mazda-Händler Lietz vertraut bei wichtigen Firmenereignissen wie Standorteröffnungen auf vorhergehende astrologische Beratung: "Ich vertraue den Sternen nicht blind, aber bisher bin ich immer gut gefahren. Warum sollte man sich diesen Zugang also verwehren?"

Ist es nicht auch verständlich, dass Spitzenmanager in Zeiten immer weniger vorhersehbarer Rahmenbedingungen zunehmend astrologische Beratung suchen? Martin Mayer: "Es ist richtig, dass Top-Kräfte immer mehr riskieren müssen. Aber ich halte es für gefährlich, Entscheidungen an Externe zu delegieren." Astrologin Sonja Schön relativiert, dass ein Horoskop nur dabei helfen kann, die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen. Insofern mache Selbsterkenntnis freier. Um schließlich sinngemäß mit Thomas von Aquin zu kontern: "Der Weise regiert seine Sterne selbst."

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.