Trendscout Unternehmenssprecher

PR für Personal-kompetenz. Vorbei ist die Zeit, als es nur Marketing für Marken gab. Auch die Zielgruppe der Arbeitnehmer will umworben werden. Über die neue Rolle des Pressesprechers als „Missing Link“ zwischen Marketing und HR.

Als Corporate Vice President und Leiter der weltweiten Unternehmenskommunikation von Henkel wurde Ernst Primosch als erster deutschsprachiger Kommunikationsmanager in das „Board of Trustees“ des „Institute for Public Relations“ in den USA berufen. Globales Kommunikations-Gespür bewies er auch, als er 2002 den Startschuss für die Dachmarkenkam-pagne „Henkel – A Brand like a Friend“ gab. Eine Unternehmensmarke, die 750 Einzelmarken gegenübersteht und weltweit nicht nur Konsumenten, sondern auch Arbeitnehmer anzieht.

Welche Erfolgsfaktoren spielen unternehmensintern für Employer Branding eine Rolle? Welche Funktion hat hier der PR-Verantwortliche? Der gebürtige Kärntner und Kosmopolit Primosch: „Wenn es darum geht, eine spezielle Zielgruppe der Personalabteilung zu erreichen, etwa die Studenten, ist HR ein Teil der Identität nach außen und ein sehr wichtiger Part. Kommunikation und HR sollten aber Verbündete sein, denn Botschaften nach außen müssen von Spezialisten übernommen werden. Hier muss es eine ,One-Voice-Policy‘ geben.“

Befindlichkeiten aufspüren

„Ein ordentliches Arbeitgeberimage kann es nur dann geben, wenn die Zufriedenheit im Haus stimmt, insofern hat der Personalchef intern auch Sprecherfunktion“, sagt Elisabeth Mattes, Leiterin der Konzernkommunikation der Telekom Austria AG. „Eine Kernaufgabe des Unternehmenssprechers ist es aber, die Befindlichkeiten im Haus zu kennen. Er muss eine Art Trendscout sein, das ist ganz wesentlich für die Positionierung als Arbeitgeber.“

Anders als bei der Produkt-PR müsse die Unternehmenskommunikation immer eine Story erzählen, die bis ins letzte Eck des Unternehmens hineinspielt. „Der Pressesprecher übernimmt heute immer mehr die umfassende Rolle eines Unternehmenssprechers, da er meistens Ansprechperson für alle Themenbereiche ist, so auch für die HR-Abteilung.“

„Die Rolle des Pressesprechers hat sich mit den Anforderungen geändert. Der Trend geht vom Generalisten zum Spezialisten und strategische Aufgaben nehmen zu“, ist Rupert Haberson, Abteilungsleiter der Stabsabteilung Presse in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), überzeugt. Die Positionierung als Arbeitgeber sei ein solches Spezialgebiet. Dennoch bleibe die Vermarktung als „guter“ Arbeitgeber vor allem Chef-Sache und zur Story gehöre ein Gesicht – im Falle der WKÖ – der Präsident: „Eine gute Arbeitsplatzkultur hat bei uns einen enormen Stellenwert. Aus motivierten Mitarbeitern resultieren zufriedene Kunden.“

Inhaltlich liege in der Folge die Verantwortung für Employer Branding bei der Personalabteilung, in Sachen Kommunikation bei der Presseabteilung. Haberson: „Es geht um das Wie der Kommunikation. Natürlich kann und sollte ein HR-Chef auch öffentlich auftreten. Die vielen Akzente unserer Personalpolitik wie die Teilnahme an Wettbewerben oder Mentoring-Programmen sollten aber von der Presseabteilung nach außen getragen werden.“

Manuela Hartl, Consultant bei Dr. Rantasa Consulting findet, dass die Themen für Employer Branding in erster Linie von der Personalabteilung vorgegeben werden sollten: „Personalmanager oder Personalberater sind direkt am Kandidatenmarkt, wissen welche Kandidaten mit welchen Qualifikationen aktuell verfügbar sind und werden täglich mit deren Anforderungen an den künftigen Arbeitgeber konfrontiert.“

Pressesprecher als „Driver“

Für Martin Hehemann, Ressortleiter Identity & Communications in der BA-CA und Leiter des Brand Managements in der UniCredit Group, sollten Kommunikationsleute die Funktion der „Driver“ übernehmen. „Es gibt nur eine integrierte Kommunikation oder eine schlechte. Wenn auch die Zielgruppe eine andere ist, und es Unterschiede bei den Botschaften gibt, muss die Arbeitgebermarke auf der Positionierung der Gesamtmarke basieren.“

Kann der Pressesprecher als eine Art Missing Link zwischen Marketing- und Personalabteilung gesehen werden? „Die Markenpositionierung des Unternehmens ist der genetische Code, die DNA des Unternehmens. Diesem haben sich alle unterzuordnen – Produktentwickler wie Kundenbetreuer, IT-Entwickler und Pressesprecher, Marketer genauso wie Human Resources Manager“, meint Hehemann.

So gesehen sei jeder einzelne Mitarbeiter auch ein Unternehmenssprecher, HR müsse nur die Funktion übernehmen, diese auch richtig zu schulen. „Es geht nicht darum, dass die Kommunikationsabteilung den Gap zwischen Marketing und HR schließt und Personalmanager sollten auch nicht die besseren PR-Manager sein“, meint hingegen Manuela Hartl. „Jeder sollte bei seiner Kernkompetenz bleiben, aber HR-Manager können Defizite in der Unternehmenskommunikation aufzeigen. Eindrücke und Aussagen von Kandidaten im Bewerbungsgespräch seien eine wertvolle Informationsquelle für die Kommunikationsabteilung.

Elisabeth Mattes warnt davor, jeden einzelnen Mitarbeiter als Unternehmenssprecher sehen zu wollen: „Es muss einen formellen Kommunikationsauftritt geben, Mitarbeiter können nur Repräsentanten sein.“ Auch Ernst Primosch sieht hier die Gefahr, die Last auf die Mitarbeiter abzurollen: „Ein Unternehmen ist mehr als die Summe seiner Mitarbeiter. Es muss eine eigene Identität schaffen, die der Mitarbeiter dann gerne und leicht übernehmen kann.

Letzteres – nämlich ob Mitarbeiter eine Unternehmensmission auch nach außen tragen können und wollen – sollte laut Manuela Hartl schon beim Recruiting abgeklärt werden. „Ein Bewerber muss nicht gerade die Homepage auswendig lernen, aber die Bereitschaft, sich für das Unternehmen zu engagieren, sollte erkennbar sein.“

Arbeitgebermarke erhöht Loyalität

Für Personalberater sei eine starke Arbeitgebermarke immer spannend. „Es macht Freude, jemanden für einen starken Arbeitgeber zu begeistern. Andererseits ist jemand weniger leicht für einen Wechsel zu motivieren, wenn er schon bei einem solchen tätig ist“, so Hartl schmunzelnd.

Die Attraktivität eines Arbeitgebers ließe sich übrigens auch daran messen, wie viele Initiativbewerbungen er erhält – denen Personalberater ja nicht immer positiv gegenüber stehen. Ernst Primosch relativiert: „Wir erhalten 100.000 Blindbewerbungen pro Jahr. Schon für die Vorselektion könnten wir nicht auf Personalberater verzichten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2007)

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