Skandinavische Unternehmen: Karriere auf nordische Art

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Flache Hierarchien und korrekter Umgang miteinander prägen diese Organisationen.

Skandinavien hat sehr gute Popularitätswerte“, erklärt Matthias Langheiter-Tutschek, Universitätsassistent an der Abteilung für Skandinavistik der Universität Wien. Viele Konzerne aus der Region, die geografisch Schweden und Norwegen, etymologisch auch Dänemark umfasst, haben ein positives Image in der österreichischen Bevölkerung geschaffen. Internationale Marken wie Ikea, H&M oder Bang & Olufsen stehen „für einen jugendlichen Markt“. Der Begriff Skandinavien sei so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner der drei Landeskulturen. Trotzdem lassen sich einige gemeinsame Merkmale von Unternehmen aus dieser Region identifizieren.

„Diese Mentalität ist vor allem durch das zwischen allen Ebenen praktizierte Du-Wort geprägt“, erklärt Uwe Birkkjaer, Managing Director für den Bereich CEE beim norwegischen Konzern Orkla Foods, zu dem in Österreich die Felix Austria GmbH gehört. Daher ist der Umgang oft wenig zurückhaltend. „Die Betriebe sind meist sehr informell organisiert“, ergänzt Peter Rossen, Geschäftsführer der Logstor Austria GmbH: „Wir agieren sehr pragmatisch, um zu unseren Ergebnissen zu kommen.“ Wichtig sei daher nicht welche Position man innehabe, sondern was der Einzelne einbringen könne. „Konzerne aus dieser Region agieren meist weniger hierarchisch“, unterstreicht Juha Hyväoja, Geschäftsführer der Atlas Copco Bau- und Bohrtechnik GmbH.

Ein gleichberechtigter Partner sein

Eine geringe Distanz zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern bestätigt auch Helmut Unger, Management Consultant bei Mercuri Urval: „In den skandinavischen Unternehmen dominiert der partizipative Führungsstil.“ Partnerschaftlich verkehrt man nicht nur mit Mitarbeitern, sondern auch beispielsweise mit den Lieferanten.

„Gleichberechtigung spielt auch eine große Rolle“, beschreibt Matthias Unterrieder, Partner bei Wolf Theiss Rechtsanwälte, seine Erfahrungen: „Mitarbeiterrechte werden in allen Situationen vorrangig berücksichtigt.“ Besonders positiv ist dies bei Schwangeren zu bemerken. „Hier wird oft bewusst mit der Mitarbeiterin Kontakt gehalten, um ihr nachher den Wiedereinstieg zu erleichtern.“ Auch andere familiäre Themen wie Väterkarenz sind meist eine Selbstverständlichkeit.

Dieses positive Umfeld soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Leistung der Mitarbeiter an erster Stelle steht, betonen Hyväoja, Rossen und Birkkjaer unisono. „Die Performance des Einzelnen ist natürlich das entscheidende Kriterium auf dem Weg in die Führungsetagen“, so Rossen: „Ich kann nicht darauf warten, bis jemand da oben eine Entscheidung trifft.“ Selbstmotivation und Eigeninitiative sind gefragt.

Zwischen einem korrektem Umgang miteinander und einem starken Leistungselement gebe es auch keinen Widerspruch, ergänzt Birkkjaer. Er erlebe allerdings immer wieder, dass es Österreicher mit dieser Unternehmenskultur schwer haben: „Nur weil ich mit meinem Chef per Du bin, bedeutet das nicht, dass ich mit ihm nicht respektvoll umgehen muss.“ Durch die direkte Kommunikation werden auch Probleme und Kritik gleich angesprochen, ergänzt Unger: „Dies geschieht sicher offener als hierzulande.“ Allerdings könne man dadurch sehr schnell und viel lernen, ergänzt Unterrieder.

Unterschiede zwischen Ländern

Zusätzlich zu diesen interkulturellen Differenzen muss man sich über die Unterschiede zwischen den einzelnen Kulturen im Klaren sein. „Diese wurden auch durch die herrschenden politischen Systeme geprägt“, analysiert Langheiter-Tutschek: „In schwedischen Konzernen gibt es noch Teile einer Konsenspolitik, einer Art Interessensausgleich, die aus der lange Zeit sozialdemokratisch geprägten politischen Situation resultiert.“ Gleichzeitig entstammt eine besondere Betonung der Personalpolitik auch diesem Umfeld.

„Die schwedischen Unternehmen, mit denen ich arbeite, bestechen durch großzügige Sozialleistungen“, sagt Unterrieder und Hyväoja ergänzt: „Wir haben eine klare Personalpolitik mit verpflichtenden Mitarbeitergesprächen. Jede offene Stelle wird intern ausgeschrieben und wir rekrutieren 85 Prozent unserer Manager aus der eigenen Organisation.“ Auch Norwegen entstammt dieser Tradition, aufgrund der fehlenden EU–Mitgliedschaft sowie seiner Ölreserven sind diese Unternehmen allerdings weniger stark unter dem Druck, sich international gut aufzustellen, so Langheiter-Tutschek. Dänische Organisationen unterscheiden sich von diesen wiederum durch ihre Flexibilität in der Arbeit. „Nicht umsonst werden die Mentalitäten der Schweden und Dänen mit jenen von Deutschen und Italienern im Bezug auf Pragmatismus verglichen“, fasst Unger zusammen.

Spracherwerb zahlt sich aus

Einig sind sich alle Diskutanten, dass es sich empfiehlt, die jeweilige Landessprache zu lernen. „Man kommt zwar mit Englisch sehr gut durch“, erklärt Unterrieder. „Für den beruflichen Part reicht das“, wirft Langheiter-Tutschek ein: „Wenn Sie wirklich verstanden werden wollen, dann müssen Sie die Sprache erlernen, aber sich auch mit der Kultur vertraut machen.“ Ein Ansturm auf diese Qualifikationen ist bereits sichtbar: Das Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaften, zu dem die Wiener Skandinavistik gehört, ist mit 1200 Studierenden bereits so groß wie die Pharmazie und verzeichnet Steigerungsraten von 30 Prozent im Jahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2007)

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