Haben Sie Marihuana geraucht?

Interview. Neo- Wissenschafts- minister Johannes Hahn gilt nicht gerade als Mann der großen Sager. „UniLive“ versuchte, ihn mit kleinen Provokationen ein wenig aus der Fassung zu bringen.

Blauer Salon im Wissenschaftsministerium, Johannes Hahn kommt eine halbe Stunde zu spät. Fangen wir gleich mit einer blöden Meldung an.

UniLive: Sind Sie ein bunter Vogel?

Johannes Hahn: Ich mache ungern mit meinem Namen Wortspiele.

Also nicht. Er lehnt im Sessel, der rechte Arm hängt herunter, er lächelt milde...


Gemeint war eher die Tradition der Wiener ÖVP unter Erhard Busek.

Hahn: Wenn bunt ein Synonym ist für Vielfalt, für Aufgeschlossenheit, dann sage ich ja.

Hätte Sie das Gesundheitsministerium, für das sie länger gehandelt wurden, nicht mehr gereizt?

Hahn: Es hat mich gereizt, weil ich sieben Jahre Gesundheitssprecher war. Rückblickend betrachtet bin ich über diese Entscheidung aber sehr zufrieden.

Das musste er wohl so sagen. Weichen wir etwas ab. Vielleicht lässt er sich zu einem Sager hinreißen.

Thema Gesundheit: Womit müssen Raucher auf den Unis rechnen?

Hahn: Eigentlich sollten eh die Köpfe rauchen. Wir haben leider verabsäumt, eine Kultur zu entwickeln, dass Raucher fragen ob sie rauchen dürfen. Im Zweifel muss man auf die Nichtraucher Rücksicht nehmen.

Das war ok, aber so richtig knackig war die Antwort dann doch nicht. Wir wollen einen Sager hören! Gut, versuchen wir es über einen Umweg...

Sie selber rauchen nicht?

Hahn: Nein. Früher hin und wieder Pfeife, manchmal Zigarre, Zigarillos, aber nie eine Zigarette.

Marihuana?

Hahn: Nein.

Überraschung? Auch wenn er nicht damit gerechnet hat, er lässt sich nichts anmerken und lächelt weiter.

Würden Sie sich selbst als Revoluzzer bezeichnen?

Hahn: Evolutionär ist besser.

Der war jetzt gar nicht so schlecht... Na gut, vielleicht ein bisschen gegen eine Gruppe aufhetzen?

Von einigen überlaufenen Studien wird abgeraten. Wozu braucht man überhaupt Publizisten?

Hahn: Die Hinwendung zu Massenfächern ist eine Modeerscheinung. Wenn man gute Informationsarbeit leistet, kann man Druck von diesen nehmen, weil sich herausstellt, dass es andere Fächer gibt, die den eigenen Neigungen mehr entsprechen.


Sehr allgemein, da muss mehr drin sein. Frontalangriff: Ein Vergleich mit Vorgängerin Elisabeth Gehrer.

Wann können wir mit dem ersten Sager à la „Kinder statt Partys“ rechnen, der richtig Wellen schlägt?

Hahn: Sager passieren in der Regel und sind nicht das Ergebnis eines langen kognitiven Prozesses.

Naja, das weiß man nicht immer...

Hahn: Ich habe einen eigenen Stil in der Arbeit, der von Sachorientierung gekennzeichnet war. Daran werde ich nichts mehr ändern.

Er sagt das mit stoischer Ruhe, ziemlich zurückgelehnt im Sessel, lächelt weiter. Bitte, bitte, ein bisschen mehr Emotion, Verwunderung, Ratlosigkeit...

Weil wir gerade bei Ihrer Vorgängerin waren – können Sie stricken?

Hahn: Nein.

Nie versucht?

Hahn: Meine Mutter hat gestickt – das habe ich einmal versucht. Wäre die arbeitsteilige Gesellschaft nicht erfunden worden, ich hätte sie erfunden.

Was halten Sie eigentlich von Humor?

Hahn: Unerlässlich. Man soll ernst an Dinge herangehen aber sie nicht immer allzu ernst nehmen.

Lange überlegt für die Antwort, Wasserglas abgestellt, Blick nach oben. So sieht also ein Philosophie-Absolvent die Lage. Gut, werden wir grundsätzlich.

Wie schlecht geht es den Studenten in Österreich wirklich?

Hahn: Manche müssen ihr Studium finanzieren, manche möchten noch etwas dazuverdienen. Wir haben eine der niedrigsten Studiengebühren in Europa. Seit 2000 hat die Zahl der Stipendiaten von 34.000 auf 48.000 zugenommen. Das Stipendienvolumen hat sich von 120 Mio. auf über 180 Mio. Euro erhöht. Aus finanziellen Gründen wird niemand vom Studieren abgehalten.

Noch ein Versuch – lässt er sich mit seiner Vergangenheit als Chef einer Glücksspielautomatenfirma zumindest ein bisschen provozieren?

Finanzierungsmodell Spielautomaten an der Uni – eine Idee?

Hahn: Die Spielautomaten sind dort, wo sie erlaubt sind, gut aufgestellt. Dort sollen sie auch stehen bleiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Unis ein sehr interessanter Markt sind.

Er versinkt noch tiefer in seinem Sessel, lächelt aber weiter milde. Viel bewegt hat er sich bis jetzt nicht.

Ein Statement von Ihnen: „Sozialarbeit statt Studiengebühren“ war eine Maßnahme, um das Gesicht der SPÖ zu wahren, weil die Gebühren nicht abgeschafft wurden. Also, eine blöde Idee?

Hahn: Die Diskussion ist falsch gelaufen, weil man begonnen hat, Freiwilligenarbeit einer Geldwertigkeit zu unterwerfen. 100.000 Menschen machen Dienst an der Gemeinschaft. Müssten wir das mit Geld bewerten, könnten wir zusperren. Wir sind mit der SPÖ eines Sinnes, dass wir die Informationsarbeit an höheren Schulen verbessern, mit Studenten, die über ihr Fach informieren.

Nun gibt es das ja schon. Die ÖH fährt regelmäßig in Schulen.

Hahn: Mir ist es wichtig, dass wir die Informationsarbeit verbessern, das wird den Druck von Massen- oder Modefächern nehmen.

Zumindest hat er jetzt ein bisschen verunsichert geschaut. Sonst keine Regung, er lächelt weiter.


Wie wäre es, neue Studien einzuführen, um Modestudien zu entlasten?

Hahn: Ich denke, dass wir auf eine stärkere Modularisierung hinarbeiten sollten, weil der Arbeitsmarkt fachspezifische Ausbildung nicht mehr nachfragt. Ich bin ein Anhänger von Kombinationsstudien, etwa bei Wirtschaftsingenieuren, die den ersten Abschnitt auf der TU und dann eine wirtschaftliche Ausbildung machen. Die verstehen die Sprache des Technikers und sind etwa bei Investitionsentscheidungen gute Übersetzer.

Effizienz gut und schön, aber ist Studieren nicht auch ein Lebensstil, den man durchleben muss?

Hahn: Das muss jeder für sich entscheiden. Ich bin dafür, weil eine Gesellschaft auch Menschen braucht, die Dinge machen, bei denen das Finanzielle nicht im Vordergrund steht. Umgekehrt habe ich wenig Verständnis, wenn Absolventen völlig andere Tätigkeiten ausführen müssen und klagen, keinen Job gefunden zu haben.

Gut, dieser Teil war jetzt relativ trocken. Also, letzter Versuch, Anspielung auf den charakteristischen Bart!

Sozialminister Buchinger hat sich den Bart abrasiert für 12.500 €. Wie viel müsste man Ihnen bezahlen?

Hahn: Nichts. Ich habe meinen Bart immer verloren, wenn ich eine Chemotherapie über mich ergehen lassen musste. Das ist ausreichend als Bartverlust-Situation.

Die Frage war jetzt ein Eigentor. Seine Krebserkrankung wollte ich eigentlich aussparen. Irgendwie peinlich berührt, jetzt. Aber er wirkt locker, lächelt.

Wie viel Pflege braucht Ihr Bart?

Hahn: Mehr als ein simples Rasieren. Da ich mich trotzdem rasiere und immer wieder stutzen muss.

Die Aktion von Buchinger an sich?

Hahn: Das schließt den Kreis zu Ihrer ersten Frage. Jeder muss seinen Stil für sich definieren. Sie werden von mir auch keine Homestories in der Vergangenheit und Zukunft finden.

„Daheim bei Gio Hahn“? Na ja, wäre wohl ohnehin eine eher ruhige Angelegenheit geworden. Spricht's, geht ab – und lächelt milde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2007)

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