Hypo-Pleite: Ein gutes Angebot – aber nicht für Steuerzahler

Austrian Finance Minister Schelling delivers a speech during the annual regulatory conference of Austrian markets watchdog FMA in Vienna
Austrian Finance Minister Schelling delivers a speech during the annual regulatory conference of Austrian markets watchdog FMA in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Kärntner FPÖ hat einen Milliardenschaden angerichtet, SPÖ und ÖVP haben diesen im Bund maximiert – und die Rechnung zahlen fast zur Gänze die Steuerzahler.

Es wird bei den Heta-Gläubigern noch getüftelt und gerechnet, aber so schlecht scheinen die Karten für Finanzminister Schelling im Hypo-Heta-Poker nicht zu stehen: Seit gestern ist der „Zero Coupon Bond“, mit dem Ansprüche der Gläubiger landesgarantierter Hypo-Anleihen befriedigt werden sollen, offiziell auf der Homepage der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) angekündigt. Und das tut man ja wohl nur, wenn man zumindest von einer deutlich mehr als 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit der Realisierbarkeit des Deals ausgeht, oder?

Die Details: Die Emission werde „am oder um den 18. März 2016“ erwartet, die Laufzeit ende „am oder um den 18. März 2034“, emittiert werde – wie berichtet – zu 75 Prozent. Auch die Leadmanager der Emission stehen schon fest: Citigroup und JPMorgan.

Tatsächlich ist der Deal für Gläubiger, auch wenn einige (siehe unten stehender Bericht) noch heftig Widerstand leisten, nicht unattraktiv. Sie bekommen nominell ja 100 Prozent ihrer Forderungen erfüllt, wenn auch erst in 18 Jahren. Abgezinst ergibt das einen Haircut bei den landesgarantierten Hypo-Anleihen von rund 82 Prozent. Gegenüber den ursprünglichen Plänen hat die Republik also noch ordentlich draufgelegt.

Vor allem aber: Die meisten Gläubiger werden, wenn sie das Angebot annehmen, ihren Aktionären eine deutlich aufgehübschte 2016er-Bilanz präsentieren können. Die EZB hat ihren Banken im Vorjahr nämlich dringend „empfohlen“, landesgarantierte Heta/Hypo-Anleihen auf 50 Prozent abzuschreiben. Bei landesgarantierten Nachranganleihen lautete die Empfehlung sogar, 95 Prozent des Wertes abzuschreiben.

Weil Empfehlungen der Notenbank einen gewissen imperativen Charakter haben, sind diese Abschreibungen zumindest zum Teil schon geschehen. Wer mehr abgeschrieben hat als den jetzt de facto gebotenen 18-prozentigen Abschlag – der kann in der Bilanz dann einen Sonderertrag aktivieren, also den Gewinn (und damit wohl auch seinen Bonus) erhöhen.

Insgesamt ist das Angebot, das Schelling den Heta-Gläubigern da macht, also doch einigermaßen attraktiv. Experten gehen trotzdem davon aus, dass die Gläubiger ihre Quote in den nächsten Tagen durch Laufzeitverkürzung noch in die Nähe von 90 Prozent hinaufverhandeln werden. Aber im Großen und Ganzen kommen sie recht unbeschadet aus der größten Bankenpleite der Republik.

Von den Steuerzahlern kann man das dagegen nicht sagen. Die werden, wie von Anfang an befürchtet, wohl beinahe den Maximalschaden, der sich wohl in der Gegend von 20 Milliarden Euro bewegen wird, zu tragen haben. Dass die Rechnung noch dazu in die Zukunft gelegt, also sozusagen der nächsten Generation umgehängt wird, ist besonders übel. Hat aber in Österreich Tradition. Mindestens die Hälfte des Hypo-Schadens ist durch dilettantische Politik nach der Notverstaatlichung entstanden, schätzt etwa der frühere Hypo-Aufsichtsratschef Johannes Ditz. Und zwar überwiegend deshalb, weil diverse Finanzminister mögliche Budgetbelastungen in die Zukunft geschoben haben. Koste es, was es wolle.

Das Schlimme daran ist, dass aus dem Riesenschaden keine wirklichen Konsequenzen gezogen wurden. Gut, Landeshaftungen für Landesbanken sind nicht mehr möglich. Die hat uns zum Glück die EU abgedreht. Aber sonst läuft alles wie gehabt. Der Hypo-Skandal konnte in den Nuller-Jahren beispielsweise so eskalieren, weil mangelnde Transparenzvorschriften und seltsame Rechnungslegungsregeln für Länder ermöglicht haben, dass der Rauch sehr lange unter der Decke blieb. Wer sich anschaut, wie aussagekräftig einige Länder beispielsweise noch ihre Haftungen oder Franken-Kredite verbuchen und wie sie mit kritischeren Rechnungshof-Berichten umgehen, der sieht: Es hat sich in der Praxis so gut wie nichts geändert. Die hiesige Form des unkontrollierbaren Föderalismus, die den Hypo-Skandal in dieser Dimension erst ermöglicht hat, existiert wie eh und je. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann aus diesem Sumpf die nächste Blüte hochpoppt.

Auch politisch wurden keine Konsequenzen gezogen. Im Gegenteil: Dass sich in Kärnten jetzt ausgerechnet Vertreter der FPÖ, die den ganzen Salat angerichtet hat, in Sachen Aufarbeitung fast täglich wichtigmachen – und niemand fragt sie, ob es ihnen noch gut geht –, ist ein Zeichen dafür, dass man aus Schaden offensichtlich nicht klug wird.

Und aus dem Organversagen nach der (äußerst unprofessionell verhandelten) Notverstaatlichung hat man ebenfalls nichts gelernt. Da haben vor allem die Finanzminister Pröll und Fekter die heiße Kartoffel immer weiter geschupft, wichtige Gespräche in Brüssel von Beamten führen lassen, statt sich selbst einzuschalten, und immer nur eines im Sinn gehabt: Die Hypo-Pleite nicht ins Budget einsickern zu lassen. Mit dem Ergebnis, dass der von den Kärntnern angerichtete Schaden noch maximiert wurde. Schelling hat als Erster wirklich versucht, noch etwas herauszuholen. Aber leider zu spät.

Die Erkenntnis hilft uns jetzt zwar nichts mehr. Aber die Zahler sollen wenigstens wissen, wem sie die hübsche Rechnung verdanken.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2016)

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