Maria Fekter packt ihre Koffer

 Barockpalais in der Himmelpfortgasse
Barockpalais in der Himmelpfortgasse(c) Clemens Fabry
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Das Finanzministerium übersiedelt wieder in das Barockpalais in der zentralen Himmelpfortgasse. Dabei hat sich Maria Fekter lange dagegen gewehrt. Weil die Übersiedlung eine politische Gratwanderung ist.

Da wird wohl niemand widersprechen: Übersiedlungen sind die reine Hölle. Organisieren, packen, schleppen, transportieren, schleppen, auspacken. Es gibt wirklich Angenehmeres. Aber auch Unangenehmeres. Wenn nämlich eine Übersiedlung droht, zum Politikum zu werden.

Das sieht man am Beispiel des Finanzministeriums. Da hat es Ressortchefin Maria Fekter wahrlich nicht leicht. Nicht, dass sie sich mit profanen Dingen wie Packen oder Organisieren, geschweige denn Schleppen herumplagen müsste. Viel schlimmer. Die Politik ist ja bekanntlich eine Schlangengrube. Und da kann so eine Übersiedlung zur Gratwanderung werden.

Eingebrockt hat ihr die ganze Malaise Karl-Heinz Grasser. Wobei der wohl auch nicht anders konnte. Als er Finanzminister war, begab es sich nämlich, dass der Stammsitz des Ministeriums arg sanierungsbedürftig war: Die letzte Renovierung der Prunkräume des ehemaligen Winterpalais von Prinz Eugen in der Himmelpfortgasse hatte es in den Jahren 1967 bis 1973 gegeben. Jetzt sei eine Generalsanierung des Barockjuwels fällig, beschied Grasser also im Jahre 2000.

Die Übersiedlung ins Ausweichquartier in der Hinteren Zollamtsstraße 2b im dritten Wiener Gemeindebezirk hat Grasser freilich als Privatier aus der Ferne erlebt: Sie erfolgte erst im Frühjahr 2007, und da war Wilhelm Molterer schon Finanzminister. Es war jedenfalls eine Gewalttour: Die Übersiedlung erfolgte an einem (langen) Pfingstwochenende, um Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs zu verhindern. Von Freitagmittag bis Sonntagabend wurden rund 17.000 Kartons mit Büro- und Aktenmaterial in rund 150 Lkw-Fuhren von der Himmelpfortgasse in die Zollamtsstraße transportiert. Der Pfingstmontag wurde zum Auspacken und zur Fertigstellung der EDV-Anschlüsse genutzt.

Mittlerweile haben sich die rund 650 Mitarbeiter des Ministeriums dort gut eingelebt. Ein Gutteil bevorzugt sogar die Location des Ausweichquartiers: Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist mit dem Bahnhof Wien-Mitte, der ums Eck ist, optimal. Und Einkaufsmöglichkeiten – vor allem für Lebensmittel – gibt es dort auch zum Abwinken.

Aber die Dinge nehmen halt unweigerlich ihren Lauf. Und so zeichnete sich in den vergangenen Monaten ab, dass die Sanierungsarbeiten in der Himmelpfortgasse schön langsam dem Ende zugehen.

Übersiedeln wollen die wenigsten. Auch nicht Maria Fekter. Wobei die Ministerin nicht nur den Komfort als Argument ins Treffen führt.

Fekter plagt vor allem ein Gedanke: Die Übersiedlung ihres Ressorts in barocke Prunkräume mit Goldstuck und Seidentapeten käme wohl in Zeiten des Sparens nicht so gut an. Andererseits: Das Winterpalais ist nun einmal saniert worden. Und zwar um teures Geld, wie der Rechnungshof inzwischen monierte: Rund 200 Millionen hat das Projekt gekostet. Mehr als doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt. Und eine anderweitige Vermietung wäre auch nur mit zusätzlichen Kosten zu bewerkstelligen – immerhin ist die Himmelpfortgasse für die Zwecke des Ministeriums maßgeschneidert adaptiert worden.

Außerdem gehört das Palais in der Himmelpfortgasse der Burghauptmannschaft – das Ministerium braucht also für eine Unterkunft dort nicht zu bezahlen. Im Gegensatz zum Ausweichquartier: Dafür muss der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) Miete bezahlt werden. Dem Vernehmen nach sind es 16 Euro pro Quadratmeter. Bei rund 30.000 Quadratmeter Nutzfläche.

Die vergangenen Monate waren also ein ständiges Hin und Her: Das Finanzministerium übersiedelt – übersiedelt nicht – übersiedelt nur teilweise – übersiedelt komplett. So ging es monatelang dahin. Vor Kurzem kam es endlich zur Entscheidung: Das Finanzministerium übersiedelt. Und zwar im ersten Quartal 2013. Hurra. Was freilich nicht dazu gesagt wurde: Das Finanzministerium übersiedelt zwar, bleibt aber Mieter des Ausweichquartiers. Weil es keine andere Wahl hat: „Das Ministerium hat einen unbefristeten Mietvertrag mit einem Kündigungsverzicht, der noch mehrere Jahre läuft“, sagt Ernst Eichinger, Sprecher des Vermieters BIG.

Doch eine Lösung dieses veritablen Problems wurde bereits gefunden: Die IT-Abteilung des Finanzministeriums, die Sektion V, bleibt in der Hinteren Zollamtsstraße. Aber für sie wären 30.000 Quadratmeter zweifellos zu viel. Also werden die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur, die Steuer- und Zollkoordination sowie das Bundesfinanzgericht ebenfalls in die Zollamtsstraße geholt. Dies sei effizienter und billiger als die derzeit unterschiedlichen Standorte, heißt es aus dem Finanzministerium.

Ein Argument, das in Zeiten wie diesen gern bemüht wird: Noch im Dezember übersiedeln beispielsweise sieben Finanzämter in das Finanzzentrum Wien-Mitte. Das zuständige Finanzministerium argumentiert auch diesfalls mit geringeren Kosten – die angeblichen Einsparungen werden aber seltsamerweise wie ein Staatsgeheimnis gehütet.

Wie auch immer. Fekter hat jedenfalls mittlerweile einen Weg gefunden, wie sie ihr politisch inopportunes Palaisproblem mildern kann. Mithilfe ihrer Freundin Agnes Husslein nämlich. Die ist ja Direktorin der Galerie Belvedere. Jedenfalls wird im nächsten Jahr der 350. Geburtstag von Prinz Eugen zelebriert, und da kam Fekter die rettende Idee: Die Prunkräume in der Beletage sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – indem die Galerie Belvedere dort ausstellt.


Husslein soll darüber ganz glücklich sein, Fekter sowieso. Bleibt nur noch ein kleines Problem, das zu lösen wäre: die Kosten für den Betrieb der Ausstellungen. Kunstministerin Claudia Schmied weigert sich zu zahlen. Also wird das wohl Fekter übernehmen müssen. Aber es geht eh nur um einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag, wie es heißt. Und das ist bei all dem Übersiedlungswahnsinn wirklich das geringste Übel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2012)

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