Börsenregeln und SAP

SAP-Mitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner: unterwegs zur 100-Milliarden-Euro-Company.
SAP-Mitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner: unterwegs zur 100-Milliarden-Euro-Company.(c) Imago/STAR-MEDIA
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Warum alte Börsenregeln nicht immer gute Ratgeber sind, und wie das DAX-Schwergewicht SAP ins Portefeuille passt.

Brexit, Bankenprobleme, Konjunkturschwäche – muss das einen Aktionär alarmieren? Normalerweise schon. Aber was ist in der heutigen Finanzwelt schon normal? Vor einer Woche haben wir an dieser Stelle festgehalten, dass die Lage fragil sei, dass man aber den für uns nicht ganz unwichtigen deutschen Aktienindex DAX beobachten sollte. Könne der seinen hartnäckigen Deckel bei rund 10.300 Punkten nachhaltig wegsprengen, dann sei das trotz aller Unsicherheiten als Kaufsignal zu werten. Zumal der deutsche Index nach langer Zeit endlich die Abwärtstrendlinie geknackt hat.

Was soll man sagen: Der DAX steht unterdessen in der Gegend von 10.700. Gleichzeitig bewegen sich die wichtigsten US-Indizes rund um ihre Allzeithochs. Die Börsenwelt ist offenbar in ein Paralleluniversum abgetaucht – und fühlt sich dort vorerst sehr wohl. Besonders auf dem deutschen Markt erwarten Experten nach dem sehr dynamischen Ausbruch in dieser Woche noch deutlichen Druck nach oben. Auch wenn es zwischenzeitig zu einer leichten Korrektur kommen dürfte. Denn Indexsteigerungen um mehrere hundert Punkte binnen weniger Tage verleiten Anleger immer wieder, die unverhofften Gewinne schnell in die Scheune zu fahren, was vorübergehenden Abgabedruck aufbaut. Am Freitag hat man das schon schön beobachten können.
Das Bild hat sich jedenfalls beträchtlich aufgehellt. Und es hat alte Börsenregeln entzaubert. „Sell in may“ beispielweise hätte in diesem Jahr den Verzicht auf sechs bis acht Prozent Ertrag bedeutet. Und die Faustregel, dass der August auf den Märkten besonders flau und lustlos verläuft, wird man nach dem bisherigen Stand der Dinge wohl auch ein wenig überdenken müssen.

Da wir gerade beim soeben nach oben ausgebrochenen DAX sind: Da fällt das Indexschwergewicht SAP (ISIN DE0007164600), mit einer Börsenkapitalisierung von mehr als 96 Mrd. Euro bereits die „schwerste“ deutsche Aktie, sehr positiv auf. SAP steigt schon seit Jahren unspektakulär aber stetig an und hat zuletzt sein aus dem Jahr 2000 stammendes Allzeithoch egalisiert (also den Einbruch nach dem Platzen der Dotcom-Bubble endlich endgültig verdaut). Jetzt hat die Software-Schmiede auch noch ein gutes Ergebnis vorgelegt und ein paar Innovationen aufgetischt. Das freut Analysten naturgemäß: Die Mehrzahl der professionellen Marktbeobachter (etwa Citigroup, Nomura und Nord/LB) hat die Software-Aktie auf „Kaufen“. Es gibt auch ein paar, die dem Papier nur ein „Underperform“ zutrauen (etwa BNP Paribas und Jeffries), aber eigentlich sollte es aufwärtsgehen. Die Kursziele liegen bei rund 90 Euro, derzeit notiert das Papier in der Gegend von 78 Euro.

Beim nördlichen Nachbarn sind zurzeit aber nicht nur schwere Indexschlachtschiffe, sondern auch Nebenwerte interessant. Die Société Générale beispielsweise hat den Lackieranlagenhersteller Duerr AG (ISIN DE0005565 204) zu einem ihrer Nebenwertefavoriten erkoren. Die Aktie befindet sich, nach einer heftigen Korrektur in den Vorjahren, wieder schön im Aufwärtstrend. Nicht wenige Analysehäuser haben das Papier auf „Kaufen“. Explosionsartige Gewinne sollte man sich aber nicht erwarten. Die Kursziele deutscher Analysten liegen durchwegs bei 85 Euro, das entspräche einem Potenzial von knapp zehn Prozent.

An dem anhaltenden deutschen Immobilienboom lässt sich unter anderem mit der Aktie von Eyemaxx Real Estate (ISIN DE000A0V9L94) mitnaschen. Das Unternehmen hat soeben eine sehr gute Halbjahresbilanz abgeliefert, was die Analysten mit Kurszielanhebungen quittieren. GBC hat das Papier beispielsweise mit einem Kursziel von 13 Euro auf dem Radar. Bei einem aktuellen Kurs von 7,47 Euro wäre das ein recht flottes Potenzial.

In den USA ist der Soft- und Hardwarehersteller Nvidia (ISIN US67066G 1040) derzeit außerordentlich flott unterwegs. Der starke Aufschwung – die Aktie hat heuer schon mehr als 150 Prozent zugelegt – wurde zuletzt durch ein Rekordergebnis weiter befeuert. Die Aktie ist weiter sehr dynamisch und eignet sich durchaus noch immer für einen Kauf. Die Kursziele liegen in der Gegend von 66 Dollar, der Kurs bei 60. Allerdings gibt das keine wirklichen Hinweise auf das Potenzial: Nvidia ist an der Börse heuer so flott unterwegs, dass die Analystenkursziele meist sehr schnell von der Realität überrollt werden.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2016)

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