Schweiz: Wirtschaftsforscher warnen vor "Goldinitiative"

Poster in favour of 'No' vote for the 'Save our Swiss gold' referendum is displayed before a news conference in Bern
Poster in favour of 'No' vote for the 'Save our Swiss gold' referendum is displayed before a news conference in BernREUTERS
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Ökonomenstimme. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich erklärt, warum sie die Schweizer "Goldinitiative" ablehnt.

Am 30. November 2014 wird das Schweizer Stimmvolk über die Volksinitiative "Rettet unser Schweizer Gold" (Goldinitiative) abstimmen. Die Initiative fordert, dass die SNB (Schweizerischen Nationalbank ) per Verfassung verpflichtet wird, mindestens 20 Prozent ihrer Aktiva in Form von Gold zu halten. Des Weiteren soll jeglicher Verkauf von Goldreserven untersagt werden. Aus der Kombination der 20-Prozent-Regel und des Verkaufsverbots folgt, dass die SNB faktisch nicht 20 Prozent ihrer tatsächlichen Bilanzsumme, sondern 20 Prozent des nach der Einführung jemals erreichten Höchststandes ihrer Bilanzsumme in Form von Gold halten muss. Dies kann dazu führen, dass die SNB eine längere Bilanz ausweisen muss, als für die Erreichung ihrer geldpolitische Ziele sinnvoll wäre.

Mit einem Bestand von derzeit 1040 Tonnen verfügt die Schweiz pro Kopf bereits heute über die höchsten Goldreserven der Welt. Eine Aufstockung auf 20 Prozentder Aktiva beim jetzigen Goldpreis würde die Nationalbank zwingen, mindestens weitere 1800 Tonnen Gold zu kaufen und so den Wert ihres Goldbestandes auf mindestens 104 Milliarden Franken zu erhöhen.

Dabei spielt es für die Stabilität des Schweizerfrankens kaum eine Rolle, wie sich die Aktivseite der Nationalbankbilanz zusammensetzt, mit anderen Worten ob die SNB ihr Vermögen in Form von Gold, Devisen oder Wertpapieren hält. Die Stabilität des Schweizerfrankens hängt vielmehr davon ab, ob die SNB glaubwürdig ist. Glaubwürdig ist die SNB, wenn sie mit einem klaren und langfristig ausgelegten Mandat flexibel und ohne politische Interventionen selbständig agieren kann. Dies gilt umso mehr in Krisenzeiten. Um die drastische Aufwertung des Frankens zu beenden und Schaden von der Schweizer Exportwirtschaft abzuwenden, hat sich die SNB veranlasst gesehen, ihre Bilanz in den vergangenen Jahren stark auszuweiten, indem sie Devisen und ausländische Wertpapieren gegen Franken gekauft hat. Die Vorschrift, mindestens 20 Prozent der Aktiva in Gold zu halten, hätte diese Flexibilität stark eingeschränkt. So hätte die SNB im Rahmen ihrer Devisenmarktintervention während der Eurokrise grosse Mengen an Gold zukaufen müssen. Nicht nur hätte dies die Wechselkursintervention viel teurer gemacht. Die Märkte hätten insbesondere auch Zweifel an der Handlungsfähigkeit einer Nationalbank entwickeln können, der gewissermassen "goldene Fesseln" angelegt wurden. Ohne Not würde die Annahme der Initiative die Handlungsfähigkeit einschränken und die bislang hohe Glaubwürdigkeit der SNB infrage stellen. In der heutigen Situation könnte dies Massnahmen der SNB zur Durchsetzung des Mindestkurses, wie negative Einlagezinsen oder Kapitalverkehrskontrollen, notwendig machen.

Schwerer noch wiegt die geforderte Unverkäuflichkeit der Goldreserven. Unverkäufliche Goldreserven können per Definition weder bei der Umsetzung der Währungspolitik noch als "Notreserve" von Nutzen sein. Dies untergräbt die Handlungsfähigkeit und somit die Glaubwürdigkeit der SNB. Sollte die Bilanz der SNB im Rahmen einer Normalisierung der Geldpolitik wieder verkürzt werden, würde aufgrund des Verkaufsverbots automatisch der Anteil des Goldes an den Aktiva ansteigen. Würde nach der Aufstockung des Goldbestands auf rund 100 Milliarden Franken die Bilanzsumme anschliessend auf den Vorkrisenstand von rund 100 Milliarden Franken zurückfallen, bestünden die Aktiva der SNB faktisch ausschließlich aus Gold, das nicht verkauft werden dürfte. Sollte der Franken in einer solchen Situation unter Abwertungsdruck geraten, könnte die SNB keine Aktiva verkaufen, um ihn zu stützten. Anstatt den Franken zu stärken, würde eine Annahme der "Goldinitiative" ihn unter Umständen sogar schwächen.

Wie man es auch dreht und wendet, die "Goldinitiative" würde nach ihrer allfälligen Annahme die Gewinnausschüttungen der SNB an Bund und Kantone im Allgemeinen tiefer ausfallen lassen. Da Gold, im Gegensatz zu Anleihen und Aktien, keine Zinsen oder Dividenden erwirtschaftet, sinkt die Höhe der ausschüttbaren Erträge mit einem steigenden Goldanteil in der Bilanz. Wenn die Aktiva der SNB faktisch ausschliesslich aus Gold bestünden, das nicht verkauft werden dürfte, müsste eine Ausschüttung an Bund und Kantone sogar vollständig entfallen. Die zumindest durchschnittlich tieferen Gewinnausschüttungen der SNB müssten mit Steuererhöhungen kompensiert werden, sofern die staatlichen Ausgaben nicht gekürzt werden sollen.

Kooperation

Dieser Artikel wurde für "Ökonomenstimme", die Internetplattform für Ökonomen im deutschsprachigen Raum, erstellt. Die Presse ist exklusiver Medienpartner der Ökonomenstimme.

Die Autoren

Die Ökonomen Alexander Rathke, Jochen Hartwig und Jan-Egbert Sturm arbeiten für Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich.

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