Grundbuch: Neue Gebühr wieder rechtswidrig

Neue Gebuehr wieder rechtswidrig
Neue Gebuehr wieder rechtswidrig(c) Die Presse (Fabian Hainzl)
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Der Verfassungsgerichtshof müsste wahrscheinlich auch die neue Version der Grundbuchgebühr aufheben. Der Entwurf ist bloß alter Wein in neuen Schläuchen.

WIEN. Die von der Justizministerin geplante Neuregelung der Grundbuchgebühr ist in den vergangenen Wochen auf breite Ablehnung gestoßen. Jetzt wurde ein überarbeiteter Entwurf im Ministerrat beschlossen. Die Reparatur bis Jahresende ist erforderlich geworden, weil der Verfassungsgerichtshof die Anknüpfung an die veralteten Einheitswerte bei Schenkungen und Erbschaften als verfassungswidrig aufgehoben hat. Wenn der Gesetzgeber nicht aktiv wird, ist die Grundbuchgebühr ab 2013 vom Verkehrswert zu berechnen.

Der vorliegende Entwurf sieht grundsätzlich auch eine Bewertung mit dem Verkehrswert vor. Während sich dadurch beim Kauf von Grundstücken keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage ergibt, ist bei Schenkungen und Erbschaften künftig jedoch ein wesentlich höherer Wert anzusetzen. Um dies bei Übertragungen innerhalb der Familie und bei Unternehmen zu vermeiden, soll dort weiterhin auf den dreifachen Einheitswert abgestellt werden.

Damit ist letztlich nur bei unentgeltlichen Übertragungen, die nicht unter eine der Begünstigungen fallen, tatsächlich der Verkehrswert anzusetzen. Das betrifft die wenigen Fälle der Schenkung und Erbschaft außerhalb der Familie. In den meisten Fällen wird hingegen wieder an die Einheitswerte angeknüpft. Nach dem Motto „Alter Wein in neuen Schläuchen“ entspricht die geplante Neuregelung inhaltlich dadurch aber im Wesentlichen der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bewertungsvorschrift. Das Justizministerium hält die geplante Regelung dennoch für verfassungskonform, weil der anzusetzende Wert mit 30% des Verkehrswertes gedeckelt wird, falls der dreifache Einheitswert höher ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Begünstigung auch in den Regionen greift, in denen sich die Grundstückswerte deutlich schlechter als im Durchschnitt entwickelt haben.

Pauschale Grenze reicht nicht aus

Diese pauschale 30-Prozent-Grenze wird aber nicht ausreichen, um die Bewertungsfehler, die auf die veralteten Einheitswerte zurückzuführen sind, zu kompensieren. Außerdem wird dadurch einer besonders starken Begünstigung in den Regionen, in denen sich die Grundstückswerte überdurchschnittlich gut entwickelt haben, nicht entgegengewirkt. Schon der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung zur Grundbuchgebühr darauf hingewiesen, dass Begünstigungen auf Grundlage der veralteten Einheitswerte nicht sachgerecht umgesetzt werden können. Sollte die Regelung in der vorliegenden Form beschlossen werden, dann ist eine neuerliche Aufhebung im Fall einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof sehr wahrscheinlich.

Die geplante Neuregelung lässt aber nicht nur die bekannten Probleme ungelöst, sondern führt zusätzlich zu neuen Problemen. So muss bei allen nicht begünstigten Schenkungen und Erbschaften der Gebührenpflichtige den Verkehrswert durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z. B. Immobilienpreisspiegel) beziffern. Das Justizministerium hat mittlerweile klargestellt, dass dafür kein Bewertungsgutachten eines Immobiliensachverständigen – das fallweise mehr kosten würde als die Gebühr beträgt – erforderlich ist. Wie ungenau die Bewertung dadurch künftig sein wird, lässt sich ausmalen. Während die alten Einheitswerte wenigstens mit System ungenau sind, können Bewertungsspielräume künftig gezielt ausgenutzt werden. Von einer Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung wird keine Rede sein können. Damit hat sich offenbar auch das Justizministerium abgefunden, das vorsorglich darauf hinweist, dass die gemachten Angaben sehr großzügig (!) auf ihre Plausibilität geprüft werden sollen. Im Gesetzesentwurf ist zwar vorgesehen, dass der Kostenbeamte den Wert zu schätzen hat, wenn keine entsprechenden Angaben gemacht werden. Die Kostenbeamten werden dadurch aber ohne die notwendige Ausbildung und ohne verfahrensrechtlichen Rahmen zu Immobiliensachverständigen gemacht.

Die Neuregelung der Grundbuchgebühr hat neben der verfassungsrechtlichen auch eine politische Dimension. Würde man die Einbettung der Grunduchgebühr innerhalb des Gesamtsystems der liegenschaftsbezogenen Abgaben berücksichtigen, dann wäre die Reform eine Kleinigkeit, die ohne großes Aufsehen möglich gewesen wäre. Zunächst hätte dazu aber die schon jahrelang aufgeschobene Entscheidung über Reform oder Aufgabe der Einheitswerte beim Grundvermögen getroffen werden müssen.

Löcher stopfen statt Gesamtreform

Auf dieser Grundlage wäre dann zunächst die Grunderwerbsteuer neu zu regeln gewesen, die derzeit aufgrund der Anknüpfung an die veralteten Einheitswerte ebenfalls vom Verfassungsgerichtshof geprüft wird. Im Zuge dessen hätte sich von selbst ergeben, wie auch die Eintragungsgebühr sinnvoll zu reformieren gewesen wäre. Die Bundesregierung hat sich dagegen schon vor längerer Zeit dazu entschlossen, bloß einzelne Löcher zu stopfen, das Gesamtsystem aber nicht zu reformieren.

Ass.Prof. DDr. Hermann Peyerl, LL.M. arbeitet am Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der BOKU Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2012)

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