Der Poker um den Platz im Panel

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Siemens(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Viele Anwälte kosten auch viel. Zu viel. Deshalb reduzieren Unternehmen die Zahl ihrer Berater drastisch. Der kleine Kreis hofft dafür auf gutes Geschäft. Zu Recht?

Klienten sind kritischer und preisbewusster geworden. Sie optimieren laufend ihre Rechtsberatungskosten und prüfen den ,value for money‘, den sie von ihren Anwälten erhalten“, sagt Peter Huber, Managing Partner von CMS Reich-Rohrwig Hainz über die Wettbewerbssituation auf dem Rechtsmarkt.

Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass sich vor allem große internationale Unternehmen für ein sogenanntes Panel-System entscheiden. Das heißt, sie reduzieren die Anzahl ihrer Berater auf einen überschaubaren Kreis. Nach aufwendigen Verfahren, Hearings und Verhandlungen werden von ihnen schlussendlich jene Kanzleien auf eine Liste gesetzt, die man einigermaßen exklusiv und kontinuierlich beschäftigen will. In der Regel gibt es bei internationalen Konzernen zwei Panels parallel: ein globales, in dem sich vor allem Lawfirms befinden, die weltweit Standorte haben, und ein lokales, länderbezogenes. Hier können sich auch kleinere Einheiten, die sich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert haben, behaupten.

Weshalb entscheiden sich Konzerne wie Bayer, Rewe, Bosch, Novartis, Siemens für ein Panel-System? „Der Vorteil ist klar. Wir haben mit unseren Kanzleien Rahmenverträge und bestimmte Konditionen vereinbart“, sagt Armin Toifl, Leiter der Rechtsabteilung von Siemens Österreich und CEE. „Sie betreffen nicht nur das Honorar und den Abrechnungsmodus, sondern wir legen auch fest, wie die Kommunikation läuft. Klar ist bei uns, dass die Mandatierung nur über das Legal Department erfolgt.“

Geschäftsgarantie gibt es keine

Ein Charakteristikum, das für Unternehmen, die sich für eine Panel-Organisation entscheiden, typisch ist: Nur eine Stabstelle, meist die Rechtsabteilung, darf die Aufträge an die Kanzleien vergeben. Mit der Zentralisierung soll nicht nur transparent werden, wie viele externe Berater für das Unternehmen tätig sind, sondern auch, nach welchen Kriterien und zur welchen Konditionen die Causen vergeben werden. Stundensätze lassen sich so leichter vergleichen – und besser drücken.

Und die Anwälte zeigen sich preislich flexibel, wenn dafür die Aussicht besteht, als Panelfirm regelmäßig mit einer hohen Auslastung rechnen zu können.

Im Idealfall erfüllt sich diese Hoffnung. Es kann aber ebenso anders laufen, denn eine Garantie, tatsächlich ins Geschäft zu kommen, die gibt es nicht. Es ist sogar möglich, dass sich das Management im Einzelfall für eine nicht gelistete Kanzlei entscheidet, weil es sich mit einem anderen Berater eben bessere Erfolgschancen ausrechnet. Auf einem Panel zu stehen, heißt also noch lange nicht, dass die Kassa klingelt.

Das führt insbesondere dann zur Verstimmungen aufseiten der Anwälte, wenn die schon zitierten Rahmenvereinbarungen allzu rigorose Klauseln vorsehen. „Es gibt Unternehmen, die verlangen Branchenexklusivität. Um überhaupt in ihren Panel zu kommen, müsste man zustimmen, kein anderes Unternehmen dieser Branche zu vertreten, ohne zu wissen, ob man tatsächlich beansprucht wird. Für uns eine inakzeptable Forderung“, sagt Schönherr-Partner Christoph Lindinger. Auf derartige Bestimmungen verzichtet man bei Siemens, bei Rewe ebenfalls. Beide Unternehmen betonen, an langfristigen Kooperationen mit ihren Anwälten interessiert zu sein. Loyalität wird ergo vorausgesetzt: „Es gibt keine Exklusivitätsvereinbarung. Aber wir legen auf Rücksprache großen Wert“, sagt Ines Schurin, Pressesprecherin von Rewe International.

Zunehmend aufwendiger wird es für Kanzleien, den Reporting-Vorgaben ihrer Kunden gerecht zu werden. „Dass wir in bestimmten Abständen, je nachdem, wie es der Mandant wünscht, Rechnung legen, ist selbstverständlich“, sagt Freshfields-Partner Friedrich Jergitsch. „Aber wir müssen auf Anfrage auch zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, den exakten Betrag unserer Kosten zum genannten Stichtag auszuweisen.“

Honorare auf Knopfdruck prüfen

Andere Unternehmen wiederum machen bei Ausschreibungen für Panels zur Bedingung, dass Kanzleien dasselbe Abrechnungsprogramm kaufen und nutzen, das auch betriebsintern verwendet wird. So soll die Überprüfung der Honorare gleich auf Knopfdruck möglich sein. „Da muss man als Kanzlei wirtschaftlich abwägen, ob sich so eine Investition bei diesem Klienten rechnen wird oder nicht“, sagt Huber nüchtern.

Nicht lange nachdenken musste Jergitsch jüngst, als ein Mandant eine Bedingung folgenden Inhalts mit Freshfields vereinbaren wollte: „Jede Honorarforderung, die nicht innerhalb von drei Monaten verrechnet wird, verfällt ersatzlos.“ Dergleichen sei aber erst einmal vorgekommen. Lindinger schüttelt über solche Ansinnen nur den Kopf: „Den überwiegenden Teil unserer Aufträge erhalten wir nicht als Panelfirm. Ich denke, das ist gut so.“

Lexikon

Panel (aus dem Englischen, heißt eigentlich: Tafel, Brett, Schild, Verzeichnis). Entscheidet sich ein Unternehmen dafür, ein Anwaltspanel aufzustellen, dann wird nach einem bestimmten Verfahren und Kriterien eine Gruppe von Kanzleien ausgewählt, die das Unternehmen künftig in bestimmten Rechtsgebieten beraten sollen. In der Regel wird dann bei rechtlichen Fragestellungen eine von ihnen zurate gezogen und beauftragt. Allerdings ist das Unternehmen nicht verpflichtet, eine ihrer Panelfirms zu mandatieren. Nach einiger Zeit, meist nach zwei Jahren, wird das Panel neu evaluiert, um zu sehen, ob sich Auswahl und Zusammensetzung tatsächlich bewährt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2013)

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