Nach der Schließung des insolventen Baukonzerns Alpine wackeln mindestens 4900 Jobs in Österreich. Wie Betroffene am besten vorgehen, erklärt "Die Presse".
Wien. Nach der Höhe der Schulden ist die Pleite der Salzburger Alpine die größte Pleite in der Geschichte der Zweiten Republik. Aber auch nach der Zahl der betroffenen Mitarbeiter ist es eine der größten Insolvenzen. In der Nacht auf Montag ist die Rettung der Alpine Bau mittels einer Auffanggesellschaft endgültig gescheitert – die Schließung des zweitgrößten Baukonzerns in Österreich (nach der Strabag) ist damit beschlossene Sache. Zahlreiche Beschäftigte im In- und Ausland zittern um ihren Arbeitsplatz.
1 Wie viele Beschäftigte verlieren nach der Alpine-Pleite ihren Job?
Das lässt sich noch nicht genau sagen. In Österreich sind rund 4900Beschäftigte in der Baubranche direkt von der Insolvenz der Alpine, die zu 100 Prozent dem spanischen Konzern FCC gehört, betroffen. Sie wurden bereits beim Arbeitsmarktservice zur Kündigung angemeldet. Dazu kommen laut Angaben der Kreditschützer noch fast 1600 im Ausland. Treffen wird die Pleite aber auch etwa 1400 Zulieferer und Subunternehmen, die rund 165.000 Mitarbeiter beschäftigten und je nach Größe wenig bis ganz auf die Aufträge der Alpine angewiesen sind. Wie viele davon in der Folge in Konkurs gehen werden, lässt sich noch nicht sagen. Ende Mai waren beim Arbeitsmarktservice (AMS) 17.760 Bauarbeiter arbeitslos gemeldet.
2 Was passiert mit den arbeitslosen Alpine-Beschäftigten?
Die Beschäftigten sind mit der Schließung nicht automatisch arbeitslos. Laut der zuständigen Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) bleiben die Arbeitsverhältnisse nach Genehmigung des Schließungsantrages durch das Handelsgericht einen weiteren Monat lang aufrecht. Es besteht die Hoffnung, dass Arbeiter von anderen Baufirmen, die Alpine-Baustellen weiterführen, übernommen werden. Schwieriger dürfte es eher für die Mitarbeiter in der Verwaltung werden. Die Gewerkschaft hat Betriebsversammlungen angekündigt, bei denen sich die Mitarbeiter über ihre Möglichkeiten informieren können.
3 Was bringt den Beschäftigten eine Arbeitsstiftung?
Innerhalb eines Monats sollen acht Arbeitsstiftungen in allen Bundesländern außer Vorarlberg eingerichtet werden. Die Voraussetzung für die Teilnahme ist die „Abklärung der Vermittelbarkeit“ und der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dieser wird für die Dauer der Stiftungsteilnahme verlängert, auf bis zu drei Jahre. Über 50-Jährige können sogar länger Arbeitslosengeld beziehen. Die Teilnehmer können Weiterbildungen machen und sich umschulen lassen und werden bei der Arbeitssuche unterstützt. Wer die Stiftung finanziert, ist Verhandlungssache zwischen dem Unternehmen, den Arbeitnehmervertretern und allfälligen Fördergebern, etwa den Bundesländern. 2012 waren laut AMS durchschnittlich 5400 Menschen pro Monat in Arbeitsstiftungen untergebracht, die Kosten betrugen im Gesamtjahr 64 Millionen Euro.
4 Wie lange bekommen die Alpine-Beschäftigten ihr Gehalt bezahlt?
Laut Angaben des Sozialministeriums haben die Alpine-Arbeiter ihren Lohn bis zum 15.Juni erhalten, die Angestellten bis zum 31.Mai. Ab dem Zeitpunkt, ab dem das Unternehmen nicht mehr zahlt, springt der Insolvenzentgeltfonds (IEF) für die gesamten Ansprüche ein, also auch allfälliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Abfertigungen. Den Antrag muss der Arbeitnehmer einbringen, im Fall der Alpine stellt der bei der Arbeiterkammer (AK) angesiedelte Insolvenzschutzverband einen Sammelantrag. Das Geld fließt im Durchschnitt erst zwei bis drei Monate nach Beantragung. Es kann aber auch schneller gehen: „Wenn die Anträge gut aufbereitet sind, hoffen wir, dass wir das innerhalb von drei Wochen erledigen können“, sagt Wolfgang Pfabigan vom IEF. Er rechnet aber nicht vor Ende Juli mit den Anträgen.
5 Bekommen Alpine-Beschäftigte im Ausland auch etwas?
Das kommt darauf an, ob sie von der Alpine entsandt wurden und ob sie der österreichischen Sozialversicherung unterliegen. Wenn das zutrifft, zahlt der IEF. Arbeiten sie im EU-Ausland und unterliegen nicht der österreichischen Sozialversicherung, müssen die Ansprüche an die entsprechende Garantieeinrichtung im jeweiligen Land gerichtet werden. „In der EU sehe ich nicht die große Schwierigkeit, problematisch dürfte es eher außerhalb werden“, sagt Klaus Schmidtbauer von der AK Wien.
6 Wie geht man als Betroffener nun am besten vor?
Da die Alpine geschlossen wird, können die Beschäftigten „bevorrechtet“ austreten. Der Vorteil sei, dass sie sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld haben oder einen neuen Job annehmen können, so Schmidtbauer. Der IEF zahlt die Kündigungsentschädigung auch, wenn der Betroffene schon eine neue Arbeit hat. Angestellte haben zwischen sechs Wochen und fünf Monaten Kündigungsfrist, Arbeiter weit weniger. Aber auch wer noch keinen neuen Job hat, fährt mit dem Austritt in der Regel besser, weil er sich so die Wartezeit auf das Geld vom IEF erspart.
7 Wann ist es besser, mit dem Austritt zu warten?
Etwa dann, wenn der Mitarbeiter mit Ende des Monats einen höheren Abfertigungsanspruch erwerben würde, weil er etwa kurz davor steht, sein zehntes Dienstjahr zu beenden. „Das sind aber Einzelfälle. Grundsätzlich verliert der Dienstnehmer durch den Austritt nichts“, sagt Schmidtbauer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2013)