M&A: Due-Diligence-Prüfung ist heute aufwendiger

(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Noch ist der Markt für Unternehmensübernahmen weit von seinen Höchstständen entfernt. Der hohe Investitionsbedarf von Finanzinvestoren und Unternehmen belebt aber das Übernahmegeschäft.

Wien. Mergers & Acquisitions zählen zum Kerngeschäft nahezu jeder Wirtschaftskanzlei. Zu den besonders starken Playern in diesem Bereich zählen Freshfields Bruckhaus Deringer, Schönherr und Wolf Theiss, gefolgt von Baker & McKenzie, Binder Grösswang, CHSH, Dorda Brugger Jordis, CMS Reich-Rohrwig Hainz.

Dass Freshfields und Wolf Theiss in der Advocatus-Clients'-Award-Wertung nicht vertreten sind, lässt sich leicht erklären: Ein Großteil der Klienten dieser Lawfirms sind ausländische Unternehmen, die bei diesem Ranking naturgemäß kaum ihre Stimme abgaben.

Auch 2013 wird nicht als starkes Transaktionsjahr in die Geschichte eingehen. In den vergangenen Monaten gab es jedoch einige interessante. So verkaufte die OMV ihr Schmierstoffgeschäft an die russische Lukoil, wobei Lukoil durch CMS und die OMV durch CHSH beraten wurde. Die österreichische Tochter der Hypo Alpe Adria ging an eine indische Holding. Auf Seiten der Verkäufer stand die Kanzlei Eisenberger & Herzog, den Käufer vertrat Wolf Theiss.

Freshfields, ein absolutes Schwergewicht im High-End-Segment der Transaktionen, beriet die spanische FCC beim Verkauf der Alpine Energie an den Finanzinvestor Triton. Die Private-Equity-Gesellschaft ließ sich von Linklaters und Schönherr begleiten. Für Hutchinson („3“) saß Freshfields auch im Cockpit, als der Mobilfunkbetreiber Orange Austria erwarb. Die SIX Group wiederum beauftragte Binder Grösswang beim Erwerb des österreichischen Kreditkartenanbieters Paylife. Die verkaufenden Eigentümerbanken vertrat die Kanzlei Fellner Wratzfeld & Partner.

Gute Rahmenbedingungen

„Die Anzahl der Transaktionen ist zuletzt ein wenig zurückgegangen, dafür gab es größere“, stellt Peter Huber, Managing Partner bei CMS RRH fest. Mit einer weiteren Abnahme der Übernahmetätigkeit rechnet er nicht. „Die Rahmenbedingungen für Unternehmenskäufe sind derzeit nicht schlecht“, erklärt er. Große Unternehmen sitzen auf viel Geld und haben nur selten mit Finanzierungsengpässen zu kämpfen, Finanzinvestoren stehen unter Veranlagungsdruck und treten häufig als Käufer auf.

Das bestätigt Andreas Hable von Binder Grösswang. Banken würden zwar nicht mehr so leicht Geld für Übernahmen zur Verfügung stellen wie vor der Lehman-Pleite im Jahr 2008. Doch springen nun zunehmend Fonds, Pensionskassen oder Private-Equity-Fonds auf den Zug auf, die Gelder zu veranlagen haben und kaum oder gar nicht auf Bankfinanzierungen angewiesen sind.

Für diese Investoren sei es derzeit auch relativ leicht, einen Käufer zu finden, wenn sie wieder aussteigen wollen. Denn anders als strategische Investoren wollen viele Finanzinvestoren häufig nur kurze Zeit bei einem Unternehmen investiert bleiben.

Doch auch strategische Investoren, große und kleinere Unternehmen, halten derzeit Ausschau nach günstigen Akquisitionen. Sie stoßen auf Firmen, die sich neu aufstellen oder sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen und daher Abteilungen, die nicht zu ihren strategischen Plänen passen, abgeben wollen. Die Anwälte unterstützen die Klienten dabei vor allem bei der Due Diligence, also der sorgfältigen Prüfung des Übernahmeziels. Die Tiefe der Prüfung habe zugenommen, darin sind sich die Anwälte einig. „Für die Käufer ist es sehr wichtig, dass sie ein genaues Bild der Risken erhalten, die durch den Erwerb auf sie zukommen könnten“, sagt Huber.

Besonders bedeutend sei eine solche tiefer gehende Prüfung für internationale Investoren, die mit den örtlichen Gepflogenheiten nicht so vertraut sind. Bei einem Kauf oder einer Übernahme komme es mitunter zu nachteiligen Veränderungen, etwa wenn Vertragspartner den Eigentümerwechsel zum Absprung nutzen. Mitunter habe auch die öffentliche Hand den früheren Eigentümern gegenüber eine gewisse Toleranz etwa bei Umweltvorschriften an den Tag gelegt, sagt Huber.

Bei einem neuen Eigentümer könnten die Behörden einen strengeren Kurs fahren. Dadurch könnten ganz neue Probleme auftreten. „Hier gilt es, alle Szenarien zu prüfen und das Worst-Case-Szenario zu ermitteln.“

Neuer Trend bei Verträgen

Beratungsbedarf besteht auch in Sachen Compliance. Internationale Kaufinteressenten prüften genau, ob in der Zielgesellschaft etwas passiert ist, das auf Korruption schließen lässt, berichtet Huber. Auch muss geklärt werden, ob es durch den Kauf zu kartellrechtlichen Problemen kommen könnte.

Er ortet zudem einen neuen Trend bei der Vertragsgestaltung von Übernahmen, der aus dem angelsächsischen Raum kommt: Der Käufer übernimmt nur noch Garantien in bestimmter Höhe. Für den Fall, dass höhere Garantien schlagend werden, wird eine Versicherung abgeschlossen. Je nachdem, ob diese der Käufer oder der Verkäufer abschließt, hat das dann Auswirkungen auf den Kaufpreis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2013)

Mehr erfahren

New Articles

Intern: Ein Preis ganz ohne Rechthaberei

Der Advocatus'13 wurde als Clients' Award ausgetragen. Wir haben uns auf die Expertise der Unternehmer verlassen, ausnahmsweise nicht auf unsere Rechthaberei.
New Articles

Der Advocatus'13 – ein Clients' Award

Dieses Jahr kürten die Klienten der Wirtschaftskanzleien die Advocatus'13-Sieger. Sie konnten in insgesamt acht Kategorien für ihre Favoriten ihre Stimme abgeben.
New Articles

Die Sieger des Advocatus'13 Clients' Award im Überblick

Auszeichnungen gab es in insgesamt zehn Kategorien.
New Articles

Öffentliches Wirtschaftsrecht: Zu lange Verfahren in der "Königsdisziplin"

Das Umweltrecht, und hierbei vor allem die Umweltverträglichkeitsprüfungen, ist einer der Hauptpfeiler in diesem Rechtsbereich. Die damit beschäftigten Anwälte müssen meist mehr sein als bloß Anwälte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.