Lebensmittel-Zutaten: Kommt es nur aufs Kleingedruckte an?

Diese Frage stellte sich schon vor Jahren im Streitfall um die „Waldbeeren Fruchtschnitte". Der OGH ließ sie damals unbeantwortet.

Ein ähnlicher Rechtsstreit wie der Früchtetee-Fall, mit dem sich derzeit der EuGH befasst, beschäftigte den OGH schon vor drei Jahren. Auch dabei wurde die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis das allgemeine Irreführungsverbot des Lauterkeitsrechts und das konkrete des Lebensmittelrechts zueinander stehen - was damals aber unbeantwortet blieb.

Konkret ging es um die Darbo-"Waldbeeren Fruchtschnitte". Der Kläger beanstandete, durch den Aufdruck - vor allem auch durch die Abbildung von Himbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren und Walderdbeeren auf der Verpackung - werde der falsche Eindruck erweckt, die Schnitte bestehe zu einem erheblichen Teil aus Waldfrüchten. Tatsächlich sei aber nur ein geringer Anteil an Waldbeeren-Fruchtsaftkonzentrat enthalten.

Diesbezüglich war der damalige Fall etwas anders gelagert als der aktuelle. Denn der Früchtetee „Himbeer-Vanille Abenteuer" enthält weder Himbeeren noch Vanille, sondern schmeckt nur danach. Hier wie dort war aber unbestritten, dass die Zutatenliste korrekt über die tatsächliche Zusammensetzung Auskunft gab.

Wie sieht es ein mündiger Verbraucher?

Aufgrund der Aufmachung habe der Verbraucher jedoch gar keinen Grund, die klein gedruckte Zutatenliste zu lesen, argumentierte der damalige Kläger. Das Gericht sah das anders und gab dem Hersteller der Fruchtschnitte recht: Ein mündiger Konsument komme gar nicht auf die Idee, dass ein solches Produkt überwiegend aus Waldbeeren bestehen könne - dass das nicht der Fall ist, sei ihm klar. Und wenn er wissen wolle, was wirklich drin ist, müsse er eben doch auf die Zutatenliste schauen. Fazit: Die Aufmachung sei im konkreten Fall weder nach den lauterkeits- noch nach den lebensmittelsrechtlichen Vorschriften irreführend. Weshalb es auch nicht darauf ankomme, in welchem Verhältnis diese beiden Rechtsvorschriften zueinander stehen.

Diese Frage ließ der OGH damals also offen. Nun bleibt abzuwarten, wie sie der EuGH im aktuellen Fall aus Deutschland beantwortet. Die Auswirkungen könnten größer sein, als es auf den ersten Blick scheint: Sollte die speziellere lebensmittelrechtliche Regelung, die sich auf die Zutatenliste bezieht, Vorrang haben, könnte das bedeuten, dass generell nur dieses Verzeichnis stimmen muss, selbst wenn der Rest der Produktaufmachung irreführend wirkt.

Kann es aber der Weisheit letzter Schluss sein, nur mehr das Kleingedruckte - und das dafür bis ins letzte Detail - zu regeln? Nicht unbedingt, „wenn nicht eine allgemeine Lauterkeitspflicht dazukommt", meint Aurelius Freytag, Rechtsanwalt bei Eversheds. Ob der EuGH das auch so sieht, wird sich weisen.
Freytag stellt auch die Frage in den Raum, ob ein mündiger Konsument wirklich immer das Kleingedruckte liest. Als solcher gilt laut OGH übrigens ein angemessen gut unterrichteter, angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher.

(red./cka)

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