In Sachen Sanktionen

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Welche Güter nun nicht mehr nach Russland exportiert werden dürfen, ist ohne genaue Prüfung gar nicht leicht zu klären. Verstöße können Unternehmen jedoch teuer kommen.

Wien. Ende Juli hat die EU weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschlossen. Die betreffende Verordnung Nr. 833/2014 trat am 1. August 2014 in Kraft. „An diesem Tag sind wir hier ziemlich rotiert“, sagt Dietmar Fellner, der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Moskau. „Innerhalb weniger Stunden haben wir Anfragen von 60 Unternehmen erhalten, die alle wissen wollten, ob ihre Produkte von den verhängten Wirtschaftssanktionen erfasst sind.“ Die neuen Strafmaßnahmen erfassen im Wesentlichen folgende Bereiche:

Kapitalmarktbezogene Sanktionen: Russische Banken haben nun nur mehr einen beschränkten Zugang zu den europäischen Kapitalmärkten, sofern sie sich mehrheitlich in Staatsbesitz befinden. Konkret sind das die Sberbank, die VTB Bank, die Gazprombank, die Vnesheconombank und die Rosselkhozbank. Das Verbot umfasst also den Kauf, den Verkauf, die Vermittlung sowie jegliche andere Unterstützung bei der Emission von Wertpapieren oder den sonstigen Handel mit ihnen. Allerdings: „Kredite an sanktionierte Institute oder die EU-Tochterbanken der sanktionierten Institute sind nicht von den Sanktionen umfasst“, sagt Martin Ebner, Partner bei Schönherr Rechtsanwälte.

Exportverbote: Sie betreffen Militär- und Dual-Use-Güter (Güter mit doppeltem Verwendungszweck), aber auch Technologien, die in der zitierten Verordnung ausdrücklich genannt sind. „Insbesondere die letzten beiden Punkte stellen erhöhte Anforderungen an betroffene Unternehmen“, sagt Ebner. „Mitunter ist nämlich nicht ohne weitere Prüfung identifizierbar, welche Güter nun von den Sanktionen erfasst werden.“ Ein Blick in die 270 Seiten starke Verordnung veranschaulicht, weshalb die Telefone im Außenwirtschaftscenter in Moskau ohne Unterlass klingelten: Die Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck werden darin gleich in neun Kategorien unterteilt und umfassen beispielsweise bestimmte Metalllegierungen, Metalllegierungspulver, legierte Werkstoffe oder Werkzeugmaschinen für Drehbearbeitung (aber erst ab einer gewissen Genauigkeit). Große Unternehmen hätten es mit der Orientierung leichter, sie wüssten mittlerweile aus Erfahrung, wie sie mit der Problematik umzugehen hätten, sagt der Banking-&-Finance-Spezialist Laurenz Schwitzer von Schönherr. „Das Dual-Use-Regime an sich ist nicht neu, es galt auch schon bei den Sanktionen gegen den Iran und den Irak. Neu ist jedoch, dass mit Russland nun ein Markt betroffen ist, zu dem österreichische Unternehmen starke Wirtschaftsbeziehungen haben.“

Strafen bei Verstößen möglich

Übrigens: Kommen österreichische Unternehmen zu dem Ergebnis, von dem Exportverbot betroffen zu sein, haben sie immer noch die Möglichkeit, eine Ausnahmelizenz zu erhalten, um ihre Güter weiterhin exportieren zu dürfen.

Was passiert aber, wenn Unternehmen die Sanktionen nicht befolgen? „Verstöße gegen die Verordnung unterliegen in Österreich dem Sanktionsgesetz“, sagt Ebner. Demnach wird niemand bestraft, der bloß fahrlässig handelt, denn das Gesetz verlangt zumindest Eventualvorsatz. Ist der jedoch gegeben, beträgt die Strafdrohung bis zu zwei Jahre oder 360 Tagessätze. Darüber hinaus können Unternehmen bei einem Verstoß gegen die Sanktionen auch nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz zur Verantwortung gezogen werden. Auch hier müssen die Entscheidungsträger – verkürzt gesagt – mit Vorsatz handeln, damit die juristische Person strafbar wird. Die Geldbuße, zu dem Unternehmen verurteilt werden können, ist mit 700.000 Euro gedeckelt.

Welchen Sorgfaltsmaßstab potenziell betroffene Unternehmen an den Tag zu legen haben, um auf der sicheren Seite zu sein, sei pauschal nicht zu beantworten, sagt Ebner. „Das hängt sowohl von der Unternehmensgröße als auch vom Geschäftsfeld ab und kann von der Einzelprüfung eines bestimmten Geschäftsfalls bis hin zur konzernweiten Implementierung einer Export-Compliance reichen.“ In jedem Fall sollten sich aber Unternehmer mit den erlassenen Bestimmungen vertraut machen und sich laufend über Neuerungen informieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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