Umfahrung Schützen: Vielleicht zu früh gefeiert

Umfahrung Schuetzen - Kreuzung
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Die Umfahrung im Burgenland wird am 19. Dezember eröffnet – ungeachtet offener Rechtsstreitigkeiten. Es ist nicht einmal fix, ob die gesamte Trasse wirklich dem Land gehört.

Am 19. Dezember ist es also so weit. Die Umfahrung von Schützen am Gebirge wird feierlich für den Verkehr freigegeben. In lokalen Medien wurde das Ereignis schon im Vorfeld bejubelt: „Die längste Ortsdurchfahrt“ des Bundeslandes sei damit Geschichte, wird Straßenbaulandesrat Helmut Bieler zitiert. Lobend hervorgehoben wird auch etwas, das tatsächlich Seltenheitswert hat: Die Großbaustelle sei um Monate früher fertig geworden als geplant.

Gelungen sei das wegen der günstigen Witterung, heißt es offiziell. Nun hat der neue Verlauf der Burgenland-Straße B50 aber nicht nur Befürworter, sondern auch vehemente Gegner. Und die meinen, die vorzeitige Eröffnung habe primär einen anderen Grund: Man wolle vollendete Tatsachen schaffen. Vor den Landtagswahlen im kommenden Jahr, vor allem aber, bevor ein paar Gerichtsentscheidungen ergehen, die das Projekt immer noch in Frage stellen könnten.

Anhängige Verfahren gibt es tatsächlich, und die haben durchaus Sprengkraft. So könnte sich sogar noch herausstellen, dass der Grund, auf dem die Straße errichtet wurde, gar nicht zur Gänze dem Land gehört. Im Vorfeld musste dieses nämlich mit rund 160 Grundeigentümern über die Abtretung der Flächen für die Trasse verhandeln, mit etwa 25 einigte man sich nicht. Diese – unter ihnen zwei Esterházy-Stiftungen – wurden per Bescheid enteignet. Sie wehrten sich dagegen, jetzt liegen ihre Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Sollten sie recht bekommen, wären die Enteignungen - zumindest vorerst - hinfällig. Die Folgen wären unabsehbar, dem Land könnte eine Klageflut drohen.

Bescheid vom Land ans Land

Begonnen hat alles damit, dass das Projekt seinerzeit ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) auf den Weg gebracht wurde. Dass eine solche nicht nötig sei, bescheinigte sich das Land im Dezember 2010 quasi selbst. Konkret gibt es dazu einen Feststellungsbescheid der Burgenländischen Landesregierung, der an das „Land Burgenland, Landesstraßenverwaltung“ erging.

Projektgegner zweifeln bis heute an, dass damals zurecht so entschieden wurde. So meinen sie etwa, eine niveaugleiche Kreuzung (mit einem im Kreuzungsbereich bloß geschotterten Fahrweg) sei nur deshalb in den Straßenverlauf eingeplant worden, damit die Umfahrung formal nicht als Schnellstraße gelte – als solche wäre sie nämlich jedenfalls UVP-pflichtig.

Dagegen verwahrt sich das Land klarerweise. Fast noch heikler ist aber ein anderer Aspekt. Nämlich, dass in dem Verfahren, das zu besagtem Feststellungsbescheid führte, die Betroffenen nicht mitreden durften. Sie hatten kein Einspruchsrecht gegen den Bescheid, der die UVP-Pflicht verneinte. Im späteren Enteignungsverfahren mussten sie aber diese Vorentscheidung quasi als Faktum hinnehmen.

Der EuGH ist am Wort

Der österreichischen Gesetzeslage entspricht das zwar, die alles entscheidende Frage ist aber, ob es auch EU-rechtskonform ist. Hier ist nun der EuGH am Wort. Er befasst sich gerade mit einem anderen, ähnlich gelagerten Fall, zu dem kürzlich Generalanwältin Juliane Kokott ihre Schlussanträge stellte. Und die sind zwar komplex formuliert, aber unmissverständlich: Wenn „Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit“ mit der Begründung, dass eine UVP hätte durchgeführt werden müssen, Klage gegen ein Projekt erheben, dann darf ihnen nicht die Bindungswirkung einer Vorprüfungsentscheidung, wonach keine UVP durchzuführen ist, entgegengehalten werden, wenn sie diese Vorprüfungsentscheidung zuvor nicht anfechten konnten, heißt es da sinngemäß. Das sei weder mit der Grundrechtscharta noch mit der UVP-Richtlinie vereinbar.

Wahrscheinlich wird der EuGH diese Rechtsansicht teilen – in den meisten Fällen folgt er den Schlussanträgen. Wenn es aber so kommt, hat das unmittelbare Auswirkungen auf das Schützener Projekt. Der VwGH hat nämlich die Beschwerdeverfahren, in denen es um die Enteignungen geht, bis zur Entscheidung des EuGH in diesem anderen Fall ausgesetzt.

Er deutete in seinem Aussetzungsbeschluss sogar noch etwas an: Auch die Trassenverordnung, die den Verlauf der Umfahrung festlegt und auf der letztlich die Enteignungsbescheide beruhen, könnte EU-rechtswidrig sein, sollte sich herausstellen, dass den Betroffenen in Sachen UVP-Pflicht tatsächlich ein formales Mitspracherecht zugestanden wäre. Dann wäre womöglich mit einem Schlag auch die öffentlich-rechtliche Grundlage für die Trassenführung weg.

Noch ist nichts davon fix. Aber sollte es so kommen, steht das Land vor einer juristischen Großbaustelle. Die in den Griff zu bekommen, wird dann sehr schwierig. Und vor allem teuer.

Zusätzlich gibt es auch noch andere offene Fragen, zum Beispiel wasserrechtlicher Natur. Auch diesbezüglich sind immer noch Beschwerden anhängig.

Ein Detail aus der Vorgeschichte des Projekts macht die Optik übrigens nicht wirklich besser: Es hätte auch schon die Asfinag die Umfahrung bauen sollen, als Abschnitt einer geplanten Verlängerung der Burgenland-Schnellstraße S31. Das wäre jedenfalls UVP-pflichtig gewesen, das Umweltverfahren war auch schon eingeleitet. Aber dann stoppte die Asfinag das Projekt und zog den Prüfantrag zurück. Stattdessen realisierte das Land den Teilabschnitt bei Schützen. Und ersparte sich die UVP.

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