„Buy American“: USA zögern mit Öffnung des Beschaffungsmarkts

A snow covered subway sign is seen in New York's Times Square
A snow covered subway sign is seen in New York's Times SquareREUTERS
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Die EU-Kommission will beim geplanten Freihandelsabkommen besseren Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in den USA erreichen.

Wien. Die öffentliche Debatte zum transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) zwischen EU und USA konzentriert sich vor allem auf die geplanten Schiedsgerichte zum Schutz von Investoren. Hinter den Kulissen zählt aber auch das öffentliche Auftragswesen zu den Knackpunkten. Grund hierfür ist insbesondere die fehlende Bereitschaft der USA, den Zugang zum US-Beschaffungsmarkt für Unternehmen aus der EU auszuweiten. Vor allem stehen zahlreiche US-Bundesstaaten der Teilnahme von Unternehmen aus der EU an Vergabeverfahren in den USA skeptisch gegenüber. Denn grundsätzlich sollen öffentliche Aufträge in den USA an US-Unternehmen vergeben und dabei amerikanische Produkte verwendet werden: „Buy American“ lautet die Devise.

Derzeit ist der Zugang zum Beschaffungsmarkt zwischen den USA und der EU bereits durch Freihandelsabkommen recht umfassend geregelt. Dabei gewährt vor allem das Beschaffungsabkommen der Welthandelsorganisation (WTO Government Procurement Agreement) weitreichende Marktzugangsrechte bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Im Wesentlichen sind ausländische Unternehmen genauso wie inländische zu behandeln (national treatment obligation). Motiv für die Auftragserteilung soll allein das beste Preis-Leistungs-Verhältnis sein und nicht die Herkunft des Bieters bzw. des zu liefernden Produkts.

Ausnahme für 13 Bundesstaaten

Entscheidend ist jedoch, dass das WTO-Beschaffungsabkommen im Hinblick auf die USA nicht sämtliche Auftragsvergaben umfasst. So sind etwa nur 37 der insgesamt 50US-Bundesstaaten verpflichtet, Unternehmen aus der EU faire Marktzugangsbedingungen zu gewähren. Auch sind zahlreiche Städte vom WTO-Beschaffungsabkommen ausgenommen.

Ziel der EU im Rahmen der TTIP-Verhandlungen ist es aber, gerade Zugang zu den derzeit vom WTO-Beschaffungsabkommen nicht erfassten 13 US-Bundesstaaten (etwa New Jersey, Ohio und Virginia) und nicht erfassten großen Städten (etwa New York, Los Angeles, Houston, Philadelphia, Phoenix, Seattle, Denver) zu erlangen (sog. GPA-Plus). Laut einem vertraulichen, aber dennoch an die Öffentlichkeit gelangtem Verhandlungspapier sollen nach Wunsch der EU zukünftig auch Verwaltungseinheiten mit einer Bevölkerung über 500.000 sowie Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern Aufträge so ausschreiben, dass sich hieran auch Unternehmen aus der EU beteiligen können. Dasselbe soll für öffentliche Universitäten mit mehr als 10.000 Studenten sowie öffentliche Krankenhäuser mit mehr als 500 Betten gelten.

Im Rahmen der TTIP-Verhandlungen verlangt die EU zudem, dass die USA zahlreiche Buy-american-Regelungen nicht mehr auf Bieter bzw. Produkte aus der EU anwenden. Denn viele US-Gesetze sehen ausdrücklich vor, dass öffentliche Aufträge nur an Bieter vergeben werden dürfen, die amerikanische Produkte anbieten (etwa in den USA produzierten Stahl für den Bau einer Brücke).

Die Verhandlungsposition der EU ist plausibel. Derzeit genießen Unternehmen aus der EU nur sehr eingeschränkten Zugang zu öffentlichen Aufträgen auf Ebene der US-Bundesstaaten und -Städte (sub-central level). Ein Zugang zu diesem Beschaffungsmarkt wäre jedoch von großer Bedeutung. Denn dieser mehrere hundert Dollar-Milliarden pro Jahr umfassende Bereich birgt zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten für EU-Unternehmen.

Auch die EU müsste sich öffnen

Politisch wird eine weitere Öffnung des US-Beschaffungsmarkts auf der Ebene der US-Bundesstaaten sowie -Städte noch auf kräftigen Gegenwind stoßen. Freilich sind die Verhandlungen im Bereich öffentlicher Auftragsvergaben unter TTIP keine Einbahnstraße. Auch wird die EU Unternehmen aus den USA weitere Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Vergabeverfahren zusichern müssen. Letztendlich könnten unter TTIP jedoch die zwei größten Beschaffungsmärkte der Welt weiter geöffnet werden. Und dies zum Vorteil sowohl der EU als auch der USA.


Dr. Johannes S. Schnitzer ist Rechtsanwalt bei der Schnitzer Rechtsanwalts GmbH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2015)

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