Hollandfonds: Und plötzlich ist man Gesellschafter

Rotterdam
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Seit einer der Fonds insolvent wurde, gehen zwischen dem Emissionshaus und Konsumentenschützern die Wogen hoch. Aber was steckt hinter dem umstrittenen Anlagemodell?

Wien. Der Hollandfonds 51 ist insolvent – „Die Presse“ berichtete. Betroffen sind ausschließlich österreichische Anleger. Zwischen dem Hamburger Emissionshaus MPC, das den Fonds aufgelegt hat, und heimischen Konsumentenschützern gehen nun die Wogen hoch.

Nicht zum ersten Mal und nicht nur wegen dieses Fonds – andere geschlossene Immobilien- und Schiffsfonds des Emissionshauses sind ebenfalls in Schieflage. Bereits im September des Vorjahres erstattete der Verein für Konsumenteninformation (VKI) Betrugsanzeige. Der Vorwurf: MPC habe Immobilien für die Fonds nicht direkt gekauft, sondern über eine zwischengeschaltete, mit MPC verflochtene Firma. Das habe den Kaufpreis hochgetrieben und Anlegern geschadet. MPC hält dem entgegen, besagtes Unternehmen, die Immobilienfirma Hanzevast, habe dem deutschen Emissionshaus den Marktzugang in Holland verschafft, den es selbst nicht hatte. Gekauft habe man zu marktüblichen Preisen. Und die Verflechtungen hätten sich auf ein inzwischen wieder aufgegebenes Joint Venture für den holländischen Markt beschränkt.

Sammelklagen in Deutschland

Abgesehen davon kündigten die Konsumentenschützer nun an, in Deutschland Sammelklagen einzubringen – nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Dieses ermögliche „ein sinnvolles Massenverfahren für geschädigte Anleger“, das es in Österreich so noch nicht gebe. MPC reagierte scharf: Der VKI habe falsche Behauptungen aufgestellt, das Geschäftsmodell sei „schlüssig und fehlerfrei“ gewesen, vor der Krise hätten die Anleger auch gut damit verdient. Und: Beim Hollandfonds 51 habe es sogar ein „mit der finanzierenden Bank verhandeltes Sanierungskonzept“ gegeben. Dieses sei den Anlegern im Februar zur Abstimmung vorgelegt, aber nicht angenommen worden. Dass dann nur noch der Weg in die Insolvenz bleibe, hätten die Anleger gewusst.

Worauf beruht nun dieses Geschäftsmodell? Zunächst einmal sind die Hollandfonds nicht etwa Investmentfonds, sondern Kommanditgesellschaften nach deutschem Handelsrecht. Die Anleger sind Kommanditisten und haften mit ihrer Einlage. Deshalb steht nun auch im Raum, dass sie Kapitalausschüttungen, die sie während der Laufzeit vorab erhalten haben, wieder zurückzahlen müssen. Hier setzt einer der Vorwürfe des VKI an: Den meisten Anlegern sei das nicht klar gewesen.

Hohe Fremdfinanzierung

Ein zweiter Risikofaktor, der nun schlagend wurde, besteht darin, dass solche Fonds ihre Immobilien nicht nur mit dem Geld der Anleger, sondern teilweise mit Krediten finanzieren. Üblich gewesen seien 45 bis 50Prozent Eigenmittel und 50 bis 55Prozent Bankdarlehen, sagt Kurt Cowling, Chef der österreichischen MPC-Tochter – die jetzt unter „CPM Anlagen Vertriebs GmbH in Liquidation“ firmiert – im Gespräch mit der „Presse“. Beim Hollandfonds 51 seien 55Prozent fremdfinanziert gewesen.

Das Fremdkapital sollte als „Hebel“ die Renditen steigern – hier hatte es den umgekehrten Effekt. Der Fonds hält Bürogebäude – und die verloren infolge der Wirtschaftskrise dramatisch an Wert.

Durch die hohen Leerstände seien die Schätzwerte der Gebäude um 50Prozent oder mehr gesunken, sagt Cowling. „Da drängen die Banken dann auf Ausstieg.“ Also auf raschen Verkauf der Immobilien. Aufgrund ihrer eigenen Vorgaben zur Begrenzung ihrer Kreditrisken können sie gar nicht anders.

Genau darum ging es auch bei besagtem „Sanierungskonzept“, das eher ein Vorschlag zur Schadensbegrenzung war: Die Anleger hätten einem freihändigen Verkauf bis Ende Juni 2016 zustimmen sollen, dafür hätte die Bank auf 30 Prozent der Rückforderungen verzichtet. Der Vorschlag scheiterte knapp: Er erreichte 70Prozent Zustimmung – nötig wäre aber eine Mehrheit von 75Prozent des Kapitals gewesen. Auch das ist eine Besonderheit solcher „Fonds“: Die Anleger selbst müssen Immobilienverkäufe beschließen, eine Minderheit kann das blockieren. Auch das war wohl vielen nicht bewusst. Schon einmal, 2007, habe es einen Verkaufsvorschlag gegeben, der nicht angenommen worden sei, sagt Cowling.

Waren Berater ahnungslos?

MPC lässt durchblicken, der VKI habe mit seiner Haltung indirekt zur Ablehnung des jüngsten Vorschlags beigetragen. VKI-Chefjurist Peter Kolba meint indes, es lasse sich darüber streiten, wann Anleger überhaupt Ausschüttungen zurückzahlen müssen: „Solange keine Insolvenz besteht, scheint es gute Argumente zu geben, nicht zu zahlen.“ Insofern seien Vorschläge finanzierender Banken, dass sie, wenn man den Großteil zahlt, auf den Rest verzichten, mit Vorsicht zu genießen. Sein Hauptkritikpunkt ist aber ein anderer: Dass man zwar mit regelmäßigen Ausschüttungen geworben, die Anleger aber über die Rückforderbarkeit dieser Zahlungen im Unklaren gelassen habe. „Sogar Berater sagen, sie haben nicht einmal in der Schulung erfahren, dass die Ausschüttungen keine Zinsen sind.“

Den umfangreichen Kapitalmarktprospekt habe wahrscheinlich „niemand gelesen“, in der Werbebroschüre habe eine Darstellung der Risken gefehlt. Und inwieweit das „Risikoprofil“, eine separate Broschüre, den Kunden wirklich ausgefolgt worden sei, sei fraglich: „Viele sagen, das haben sie nie gesehen.“ Cowling dagegen betont, das Risikoprofil sei „ebenfalls zur Verteilung an die Anleger produziert worden“. Zudem mussten die Anleger Verträge, Beitrittserklärung und Anlegerprofil unterschreiben – und dort gab es Risikohinweise. Kolba meint allerdings, dass Kunden das im Vertrauen auf den Berater oft ungelesen unterschreiben.

AUF EINEN BLICK

Geschlossene Fonds. Dabei handelt es sich nicht um Investmentfonds im rechtlichen Sinn. Oft sind solche Fonds als Kommanditgesellschaften konstruiert. Der Anleger wird Kommanditist, er ist dann faktisch an einem Unternehmen beteiligt und haftet mit seiner Einlage. Geht die Gesellschaft, an der er beteiligt ist, pleite, droht ihm Totalverlust. Ausschüttungen, die man während der Laufzeit erhält, muss man im Extremfall zurückzahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

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