Versicherer wollen Genanalysen von Kunden sehen

Symbolbild DNA - Gentechnik
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Der Verfassungsgerichtshof überprüft in der Sommersession das absolute Verbot für Versicherer, Daten aus genetischen Analysen zu verwenden. Die Branche sieht Risken zu ihren Lasten verschoben.

Die am Donnerstag beginnende Sommersession des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) verspricht besonders spannend zu werden. Das Höchstgericht beschäftigt sich darin nicht nur mit dem volkswirtschaftlich höchst relevanten Thema Hypo – Stichwörter: Sanierungsgesetz und Aktenschwärzungen –, sondern auch mit einem datenschutzrechtlichen Problem, das tief in die Privatsphäre jedes Einzelnen reicht: mit der Frage, ob private Krankenversicherer Daten aus genetischen Analysen ihrer aktuellen und potenziellen Kunden nutzen dürfen.

Das Gentechnikgesetz verbietet Versicherern, Ergebnisse von genetischen Analysen von „Versicherungsnehmern oder Versicherungswerbern zu erheben, zu verlangen, anzunehmen oder sonst zu verwerten“. Das gleiche Verbot gilt übrigens für Arbeitgeber gegenüber Beschäftigten und Arbeitssuchenden. Hintergrund: Gesundheitsdaten sind immer sensibel, aber ganz besonders sensibel sind sie dann, wenn sie ein sonst nicht erkennbares Risiko offenbaren – zum Beispiel, wegen eines bestimmten genetischen Merkmals an Krebs zu erkranken.

Der Versicherungsverband Österreich will im Verein mit privaten Krankenversicherern das Verbot zu Fall bringen und ficht es vor dem VfGH an. Das Verbot greife unzulässigerweise ins Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und in die Freiheit der Erwerbsausübung ein und verletzte in seiner Allgemeinheit den Gleichheitsgrundsatz.

Vordergründig beklagen die Versicherer, dass mit dem Verbot schon die Verwendung jeder Laboranalyse ausgeschlossen werde, die sie bei der Übernahme von Leistungen für Versicherte zu Gesicht bekommen: zum Beispiel ein Blutbild. So dürfte das Gesetz allerdings nicht gemeint sein; es soll wohl eher spezifische Informationen über das Genmaterial mit Blick auf Krankheiten erfassen.

Nicht einmal freiwillig zulässig

Und genau darum dürfte es im Hintergrund gehen: Potenzielle Versicherungsnehmer können heute anhand solcher Untersuchungen ihr Krankheitsrisiko genauer einschätzen als je zuvor; Versicherer dürfen sich aber wegen des erwähnten Verbots nicht darüber informieren, und zwar selbst dann nicht, wenn ihre Kunden sie ihnen freiwillig geben würden.

Der Datenschutz ist hier so stark, damit Betroffene nicht unter Druck gesetzt werden können, die sensiblen Daten herauszurücken. Dadurch, dass Versicherungswerber aber mehr Informationen haben können als die Versicherer, sehen diese die Risken zu ihren Lasten verschoben. Am 23. Juni findet zu diesem Thema eine öffentliche Verhandlung vor dem VfGH statt.

Ebenfalls noch im Juni will der Gerichtshof über die Aktenschwärzungen im Hypo-U-Ausschuss entscheiden; über das Hypo-Sanierungsgesetz berät er zwar ebenfalls jetzt, doch dürfte er erst im Herbst darüber entscheiden. Weiters auf der Tagesordnung: Einschränkung des Verkaufs von E-Zigaretten auf Trafiken; Schaumweinsteuer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2015)

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