Unternehmenssteuern: "Konzerne investieren anderswo"

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Sie seien abschreckend für Konzerne, kritisieren Steuerexperten. Die Steuerreform bringt aber auch neue Erschwernisse für den Mittelstand.

Wien. „Der Hass auf erfolgreiche Ausländer hat Österreich schon sehr viel Geld gekostet“, sagt Paul Doralt. Er ist Rechtsanwalt und Steuerberater in der Wiener Kanzlei DBJ. Mit „Ausländern“ meint er internationale Konzerne. Auf diese – und auf „die Reichen“ – werde losgegangen, ohne zu bedenken, welche Effekte das für den Wirtschaftsstandort hat. „Wenn man sagt, die will man hier nicht, dann wird das nicht gutgehen“, warnt er.

Dabei richtet sich seine Kritik gar nicht primär gegen die jetzige Steuerreform, sondern mehr noch gegen die vorige: Seit die Möglichkeit abgeschafft worden sei, Zinsen und Lizenzgebühren, die in Niedrigsteuerländer fließen, von der Steuer abzusetzen, würden weltweit tätige Konzerne eben anderswo investieren.

Andere Länder haben diese Regelung nämlich nicht; die Erwartung, dass viele dem österreichischen Beispiel folgen würden, hat sich nicht erfüllt. Er selbst habe seither mit drei Riesenprojekten zu tun gehabt, die in Österreich geplant waren, aber deshalb abgesagt wurden, sagt Doralt. Eine geplante Änderung im Einkommensteuergesetz gehe nun in dieselbe Richtung: Die Wahlmöglichkeit, die unternehmensrechtliche Ausschüttung eines Bilanzgewinnes steuerlich entweder als Gewinnausschüttung oder als Einlagenrückzahlung zu behandeln, soll wegfallen. Eine Ausschüttung als Einlagenrückzahlung zu behandeln (die steuerfrei wäre), solle nur mehr „nachrangig gegenüber einer steuerlichen Gewinnausschüttung“ möglich sein.

Sanierungen erschwert

Internationale Konzerne würde das dann treffen, wenn eine Ausschüttung an eine Konzerngesellschaft außerhalb Europas gehen soll (innerhalb Europas sind Dividenden, die im Konzern gezahlt werden, KESt-frei). Genauso betroffen sind aber auch österreichische mittelständische Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH: Natürliche Personen als Gesellschafter können sich dann nämlich Zuschüsse, die sie ihrem Unternehmen gegeben haben, nicht mehr steuerfrei wieder herausholen, sofern die Gesellschaft Gewinne macht. Auch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kritisiert das scharf: Dadurch entstehe ein Anreiz für Gesellschafter, eine Eigenkapitalzufuhr zu unterlassen und statt dessen mit Darlehen zu arbeiten. Auch Sanierungen von Unternehmen würden erschwert.

Doralt hält auch den neuen Einkommensteuer-Spitzensatz von 55 Prozent für standortfeindlich. Er greift zwar erst bei utopisch anmutenden Gehältern ab der Millionengrenze, zusammen mit der Nichtabsetzbarkeit solcher Gehälter im Unternehmen ergebe sich aber eine Gesamtsteuerlast von fast 80 Prozent. Davon betroffen seien nicht nur Manager, sondern etwa auch Spitzenfußballer, die sich ein österreichischer Verein schon allein deshalb niemals leisten könne, Künstler oder herausragende Forscher. „Und dann fragt man sich, warum jene Leute, die etwas entwickeln, in Kalifornien sitzen – und hier nur die, die es dann kaufen.“ (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2015)

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