Festplattenabgabe: „Vertrauensschutz gibt es keinen“

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Die geplante Deckelung bringt die Verwertungsgesellschaften in Rage. Was Ansprüche aus der Vergangenheit betrifft, stellen sie sich aufs „Durchprozessieren“ ein.

Wien. Der Entwurf zur Urheberrechtsnovelle, der in der kommenden Woche vom Nationalrat beschlossen werden soll, sorgt weiter für Diskussionen. „Die Presse“ berichtete vor einer Woche über Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Festplattenabgabe – also der Vergütung für Privatkopien auf Speichermedien. Dazu meldete sich nun ein Vertreter der Verwertungsgesellschaften zu Wort: Austro-Mechana-Jurist Paul Fischer. Konkret ging es um die Frage, inwieweit die im neuen Gesetz enthaltenen Regeln für die Tarifgestaltung auch auf Vergütungsansprüche aus der Vergangenheit durchschlagen könnten. Und ob sich Importeure von Computern und Handys, die bislang die Zahlung einer Vergütung abgelehnt haben, auf den Vertrauensschutz berufen können. Fischer hat dazu eine klare Position: Das neue Gesetz könne nur für die Zukunft gelten – also, wenn es wie geplant in Kraft tritt, ab 1.Oktober – und habe keinerlei Auswirkung auf die alten Ansprüche. Und: Vertrauensschutz für betroffene Unternehmen bestehe nicht.

Für diese steht viel Geld auf dem Spiel, und es haben wohl nicht alle genug Rückstellungen dafür gebildet. „Wenn wir das durchprozessieren, geht es um erhebliche rückwirkende Belastungen“, bestätigt Fischer. Zwar könnte es immer noch eine Verhandlungslösung geben – dafür sieht er aber im Moment wenig Spielraum.

Alte Streitfrage

Aber von Anfang an: Nach der alten Rechtslage steht Urhebern für erlaubte Kopien privater Werke die sogenannte „Leerkassettenvergütung“ zu. Zum Teil gibt es dafür zwischen Wirtschaft und Verwertungsgesellschaften akkordierte Tarife – etwa für USB-Sticks oder Festplatten für DVD-Recorder. Lang umstritten war aber, ob die Leerkassettenvergütung auch für multifunktionale Speichermedien gilt. Im Juli 2005 verneinte der Oberste Gerichtshof (OGH) das noch (4Ob115/05y). Im Dezember 2013 kam er – gestützt auf EuGH-Judikatur – für Computerfestplatten zum gegenteiligen Ergebnis: Die Vergütung sei doch zu zahlen. (4Ob138/13t). Vor Kurzem bestätigte er das auch für Handys („Nokia-Beschluss“, 4Ob226/14k).

Die Verwertungsgesellschaften sehen sich dadurch bestätigt. Schon vor Jahren veröffentlichten sie – weil die Wirtschaftsseite wegen der unklaren Rechtslage nicht in Tarifverhandlungen einstieg – autonome (einseitig festgesetzte) Tarife, für Handys ab 2006, für Computerfestplatten ab Oktober 2010. Einige – vor allem kleinere – PC-Importeure zahlen auch schon brav; ihnen wird ein sogenannter „fiktiver“ Vertragstarif verrechnet, der gegenüber dem autonomen Tarif ermäßigt ist. Von allen übrigen Importeuren habe man Verjährungsverzichte verlangt oder sie auf Leistung geklagt, sagt Fischer. Schon deshalb können sie sich seiner Ansicht nach nicht auf den Vertrauensschutz berufen. Für PCs betreffe das die Zeit ab Oktober 2010, für Handys ab 2006, sagt er. Letzteres habe der OGH bestätigt.

Warum ist es aber den Verwertungsgesellschaften gar so wichtig klarzustellen, dass im Streit um diese alten Ansprüche die Neuregelung nicht ins Spiel kommt? Weil der Gesetzesentwurf eine Deckelung enthält, mit der sie alles andere als glücklich sind. Für die nächsten drei Jahre sollen die Einnahmen aus der Speichermedien- und Reprographievergütung insgesamt nicht mehr als 29 Millionen Euro betragen, heißt es in dem Entwurf. Das sei „ungefähr so, als wollte ich Unternehmen vorschreibe, dass sie nicht mehr als 29 Millionen Euro Umsatz machen dürfen“, wettern die Vertreter der Rechteinhaber. Zwar begrüßen sie grundsätzlich eine gesetzliche Festschreibung der Festplattenabgabe – gegen die Deckelung müsse man aber wohl vor den Verfassungsgerichtshof ziehen, sollte sie so eingeführt werden, ließen sie schon durchblicken. Umstritten ist auch eine weitere Regelung im Entwurf: dass es auch Privatpersonen ermöglicht werden soll, die Rückvergütung der Festplattenabgabe zu verlangen, wenn sie glaubhaft machen, dass sie keine Privatkopien auf ihren Festplatten haben.

Unwiderlegbare Vermutung?

„Die Presse“ zitierte dazu Rechtsanwalt Lukas Feiler: Er ist der Ansicht, laut Unionsrecht müsse es diese Möglichkeit auch für Private geben. Fischer sieht das konträr: „Unsere Position ist, dass bei Privaten die unwiderlegbare Vermutung gilt, dass sie Privatkopien speichern.“

Eines steht damit fest: Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die alten Ansprüche in jahrelangen Verfahren ausgestritten werden müssen. Nicht ausgeschlossen, dass die Frage des Vertrauensschutzes irgendwann vor dem Verfassungsgerichtshof landet. Und: Für die Zukunft zeichnen sich schon neue Streitthemen ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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