Vereinsrecht: Ehrenamt mit Nebenwirkungen

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Gerichte nehmen Abschlussprüfer jetzt stärker in die Pflicht. Was bedeutet das für ehrenamtliche Rechnungsprüfer von Vereinen?

Wien. „Es ist schön, dass Österreich ein Land der Freiwilligen ist, und deshalb möchte ich den Vereinen und ehrenamtlich Tätigen Danke sagen. Danke für die vielen Stunden, in denen unser gesellschaftliches Zusammenleben durch ehrenamtliches Engagement bereichert wird.“ Dieses Lob zollt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner auf der Homepage des Innenministeriums einer in Österreich weitverbreiteten Spezies: aktiven Vereinsmitgliedern.

Laut BMI engagieren sich in Österreich mehr als drei Millionen Frauen und Männer in rund 120.000 Vereinen und leisten dabei 15 Millionen unentgeltliche Arbeitsstunden pro Woche. Die Betätigungsfelder sind so vielfältig wie die Vereine selbst – vom Sportverein, Elternverein, Musik-, Theater- oder Hobbyverein bis zur karitativen Organisation. Eines haben jedoch alle gemeinsam: Sie brauchen einen Vorstand, und sie brauchen Rechnungsprüfer.

Die letztere Funktion gilt eher als eine der leichteren Übungen, eine Aufgabe, bei der sich die Zahl der Arbeitsstunden in Grenzen hält. In vielen, vor allem kleineren Vereinen betrachtet man das jährliche Prüfen des Rechnungsabschlusses als bloße Formalität. Zumindest war das bisher so. „In letzter Zeit fragen sich aber immer mehr Leute, ob sie sich das noch antun sollen“, sagt Rechtsanwalt Felix Prändl, zu dessen Spezialgebieten das Vereinsrecht zählt.

Oft laienhafte Buchführung

Was nach seiner Beobachtung den Rechnungsprüfern zunehmend Sorgen macht, ist die Verschärfung der Judikatur hinsichtlich der Haftung von Abschlussprüfern: Bei Firmenpleiten wird oft auch deren Rolle hinterfragt, bei mehr als einem Wirtschaftsskandal der vergangenen Jahre gerieten sie wegen möglicher Sorgfaltsverstöße ins Visier der Justiz. Müssen Vereins-Rechnungsprüfer nun befürchten, ebenfalls in eine Haftung hineinzuschlittern, sollte der Verein insolvent werden?

Ganz unberechtigt ist die Sorge nicht: Denn auch die Bücher von Vereinen sind nicht immer in bester Ordnung. Im Gegenteil – nicht wenige ansonst noch so engagierte Freiwilligenorganisationen betreiben ihre Buchführung gelinde gesagt laienhaft. Die möglichen Haftungsfolgen sind Vereinsfunktionären meist gar nicht bewusst. Dabei sind diese durchaus ernst zu nehmen: Als Mitglied eines Vereinsorgans haftet man gegenüber dem Verein für Schäden, die man „unter Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters“ schuldhaft verursacht. Wobei sich die Haftung danach richtet, welche Sorgfalt, Fähigkeiten und Kenntnisse je nach Größe und „Geschäftszweig“ des Vereins üblicherweise erwartet werden können.

Man müsse als Vereinsorgan gesetzliche Vorschriften einhalten, vertragliche Pflichten erfüllen, bei der Buchführung ordnungsgemäß vorgehen und im Zweifel rechtlichen Rat einholen, sagt Prändl. Für Rechnungsprüfer könne sich eine Haftung vor allem dann ergeben, wenn sie bei der Prüfung des Rechnungsabschlusses „Fehler oder bedenkliche Umstände schuldhaft nicht aufzeigen“. Sie müssen zudem nicht nur das Vereinspräsidium auf Unregelmäßigkeiten hinweisen, sondern auch darauf dringen, dass die Vereinsmitglieder über das Ergebnis der Abschlussprüfung informiert werden, und nötigenfalls selbst eine Generalversammlung einberufen.

An sich gilt das unabhängig davon, ob man ein Entgelt für seine Tätigkeit bekommt oder nicht. Für ehrenamtliche Funktionäre gibt es aber seit einiger Zeit Haftungserleichterungen: Sie haften dem Verein gegenüber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, wenn nichts anderes vereinbart oder in den Statuten festgelegt ist. In Sicherheit wiegen dürfen sie sich trotzdem nicht: „Einfach zu unterschreiben, was einem der Vorstand vorlegt, geht gar nicht“, sagt Prändl.

Grob fahrlässig wäre es etwa, „wenn man einen Stapel Zahlungsbelege gar nicht anschaut oder etwas Offenkundiges nicht bemerkt“. Mangelnde Fachkenntnis ist keine gute Ausrede: Man hätte dann die Funktion nicht übernehmen dürfen. Fühlt man sich in einem konkreten Fall überfordert, muss man sich beraten lassen – oder das Amt zurücklegen.

Haftung gegenüber der Bank

Dazu kommt, dass man als Vereinsorgan ausnahmsweise auch Dritten gegenüber haftbar werden kann: etwa wegen Konkursverschleppung, qualifizierter Unterkapitalisierung oder – und das betrifft speziell Rechnungsprüfer – wenn andere auf den ordnungsgemäßen Prüfungsbericht zum Rechnungsabschluss vertraut haben (zum Beispiel, wenn eine Bank dem Verein im Vertrauen darauf einen Kredit gegeben hat). Ehrenamtliche haben hier insoweit einen Vorteil, als der Verein sie bei leichter Fahrlässigkeit schadlos halten muss, wenn ein Dritter Ansprüche gegen sie geltend macht. Nur nützt einem das nichts, wenn der Verein pleite ist: Dann bleibt der Schaden doch an dem Funktionär hängen. Laut Prändl könnte in diesem Fall nur eine vom Verein abgeschlossene D&O(Directors & Officers)-Versicherung helfen: Diese müsste laut Gesetz auch den Regressanspruch abdecken.

Große Vereine mit Einnahmen oder Ausgaben über einer Million Euro jährlich betrifft all das nicht: Sie brauchen einen Profi als Abschlussprüfer.

AUF EINEN BLICK

Haftung. Als Vereinsfunktionär haftet man gegenüber dem Verein für die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters“. Dritten gegenüber haftet im Normalfall nur der Verein selbst für seine Verbindlichkeiten, in Ausnahmefällen kann es aber auch direkte Ansprüche gegenüber Funktionären geben. Für ehrenamtlich, also unbezahlt Tätige gibt es gewisse Haftungserleichterungen, die aber nicht immer greifen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2015)


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