Pressesprecher – ein Job mit Risken

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GERMANY PORSCHE(c) EPA (Bernd Weissbrod)
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In Deutschland muss sich der ehemalige Pressesprecher der Porsche SE vor Gericht wegen Beihilfe zur Marktmanipulation verantworten. Auch in Österreich wäre das möglich.

Wien.Für den ehemaligen Pressesprecher der Porsche SE muss es ein Schock gewesen sein. Vergangene Woche teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit, sie werde Anklage gegen ihn zu erheben. Die Ermittlungen gegen den früheren Aufsichtsrat des Konzerns würden hingegen eingestellt.

Die aktuelle Anklage steht im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen den früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinen ehemaligen Finanzchef Holger Härter. Der Vorwurf: Die beiden hätten zwischen 2007 und 2009 die Anleger nicht ausreichend über ihr Vorhaben, bei Volkswagen einzusteigen, informiert. Die beiden dementierten 2008 sogar noch Übernahmepläne mehrfach, obwohl – so ist die Staatsanwaltschaft überzeugt – für Wiedeking und seinen Kollegen längst feststand, ihre Beteiligung bei VW aufzustocken.

Ihr Verfahren beginnt am 22. Oktober. Gelingt es der Staatsanwaltschaft, den behaupteten Sachverhalt zu beweisen, haben die beiden mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren zu rechnen.

Doch auch dem früheren Pressesprecher droht dasselbe Ungemach, er soll Beihilfe zur Marktmanipulation geleistet haben. Fragt sich nur, wie? Weshalb kommt der Pressesprecher zum Handkuss, wenn er doch in der Regel inhaltlich wohl nur das verlautet, was ihm der Vorstand vorgibt?

So sei das in diesem Fall aber nicht gewesen, sagt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die Kommunikationsstrategie haben die früheren Porsche-Vorstände mit ihrem Pressesprecher im Jahr 2008 nämlich abgestimmt und koordiniert. Letztlich sei er es gewesen, der die unrichtigen öffentlichen Erklärungen des Unternehmens zum Beteiligungserwerb an Volkswagen freigegeben habe, um die Vorstände so bei ihren Straftaten zu unterstützen. Darin manifestiert sich die Beihilfe.

Alle Pressesprecher börsenotierter Unternehmen in Deutschland, aber auch in Österreich, wird diese Anklage der Stuttgarter Staatsanwaltschaft nicht gelassener machen. Zurecht. „So etwas könnte auch einem Pressesprecher in Österreich passieren. Auch er kann gegen das Verbot der Marktmanipulation verstoßen, wenn die von ihm verbreiteten Informationen falsch oder irreführend sind und er dies wusste oder wissen musste“, sagt Kapitalmarktrechtsexperte Clemens Hasenauer.

Marktmanipulation ist in Österreich im § 48a Abs. 1. Zif. 2 Börsegesetz geregelt. „So, wie der Gesetzgeber dieses Delikt formuliert hat, kann es von jedermann begangen werden. Es kommt lediglich darauf an, dass jemand Informationen über die Medien – dazu zählt auch das Internet – verbreitet, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben hätten können.“ Doch das allein reicht noch nicht aus: Dazu muss auch noch kommen, dass die Person, die irreführend oder falsch informiert, „weiß oder hätte wissen müssen, dass die Informationen falsch oder irreführend sind“, so Rechtsanwalt Hasenauer.

Anders als man auf den ersten Blick denken möchte, kommen also nicht nur der Vorstand oder der Aufsichtsrat als potenzielle Täter in Frage, sondern auch – wie im Porsche-Fall – Pressesprecher.

Viele mögliche Täter

Das führt gleich zur nächsten Frage: Kommunikationsstrategien werden häufig nicht nur mit dem Pressesprecher abgestimmt, sondern auch mit den Rechtsanwälten oder anderen Beratern des Unternehmens. Müssen sie künftig auch fürchten, dass im Ernstfall wegen Marktmanipulation ermittelt wird? „Ja, das kann passieren, sofern die zuerst genannten Voraussetzungen erfüllt sind, also jeder potenzielle Täter wusste oder wissen musste, dass die Informationen falsch oder irreführend sind.“

Was ist aber, wenn ein Journalist Informationen weitergibt, die marktmanipulativ sind? „Journalisten sind nach dem Gesetz privilegiert“, sagt Rechtsanwalt Hasenauer. „Sie machen sich nur dann strafbar, wenn sie aus der Informationsverbreitung einen direkten oder indirekten Nutzen gezogen haben.“ Wenn der Journalist mit der Weitergabe der Information jemandem einen Gefallen erweist und sich deshalb eine Gegenleistung erwartet. Zieht er jedoch keinen Nutzen, kann der Redakteur auch nicht bestraft werden, wenn er seine journalistischen Sorgfaltspflichten eingehalten hat und ausreichend Gründe hatte, die veröffentlichten Informationen für wahr zu halten. Hasenauer: „Im Sinne der verfassungsrechtlich geschützten Pressefreiheit muss es Journalisten möglich sein, auch nicht gesicherte Tatsachen zu veröffentlichen, selbst wenn es Zweifel darüber gibt, ob diese Tatsachen auch stimmen.“

IN KÜRZE

Der Tatbestand der Marktmanipulatin ist im §48a Börsegesetz geregelt. Ein Verstoß ist mit bis zu 150.000 Euro sanktioniert. In Deutschland droht für dasselbe Delikt eine Freiheitsstrafe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

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