Preisabsprachen: Kartellstrafe für Zielpunkt

Strafe für Zielpunkt
Strafe für ZielpunktAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Kartellgericht. Die Handelskette und ihre Konzernmutter müssen über eine halbe Million Euro Geldbuße zahlen. Zielpunkt soll bei fünf Produktgruppen Endverkaufspreise mit Lieferanten abgestimmt haben.

Wien. Nach den Handelsriesen Rewe und Spar hat es nun auch einen vergleichsweise kleinen Mitbewerber erwischt: Zielpunkt. Die Supermarktkette und ihre Holding, die Pfeiffer HandelsgmbH, müssen wegen verbotener Preisabsprachen Bußgeld zahlen.

Wie die Bundeswettbewerbsgehörde (BWB) am Freitag mitteilte, hat das Kartellgericht über sie 562.500 Euro Geldbuße verhängt. Und zwar wegen „vertikaler Preisabstimmungen mit verschiedenen Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels“. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Konkret seien zwischen März 2007 und Juli 2011 Endverkaufspreise – auch Aktionspreise – bei fünf Produktgruppen abgestimmt worden: Molkereiprodukte, Fleisch und Wurst, Bier bzw. Brauereiprodukte, nichtalkoholische Getränke und Mühlenprodukte. „In einer Reihe von Fällen setzte Zielpunkt diese Wiederverkaufspreise auch tatsächlich um“, heißt es seitens der BWB.

In solchen Konstellationen bestimmen de facto die Lieferanten die Verbraucherpreise. Die Folge für die Konsumenten: Die Ware im Regal wird tendenziell teurer. Je nach Marktmacht der Beteiligten gibt es jedoch auch den umgekehrten Fall – dass nämlich mächtige Handelsketten den Lieferanten die Preise diktieren und sie dazu vergattern, ihnen eine Art Tiefstpreisgarantie zu geben.

Jahrelange Ermittlungen in der Branche

Das bedeutet dann, dass die betroffenen Lieferanten keinem anderen Händler günstigere Konditionen gewähren dürfen, sonst müssen sie damit rechnen, dass der Handelsriese ihre Waren aus seinem Sortiment nimmt. Oder, etwas subtiler: Der mächtige Händler macht Druck auf die Lieferanten, damit sie ihrerseits bestimmte „Preisempfehlungen“ für den Handel abgeben, die bei weitem nicht so unverbindlich sind, wie sie von Rechts wegen sein müssten. Wie auch immer so etwas läuft, es schränkt den Wettbewerb ein und geht damit – auch wenn das gern bestritten wird – im Endeffekt zu Lasten der Verbraucher.

Der heimischen Lebensmittelbranche dürften alle diese Spielarten nicht fremd sein, die BWB ermittelt dort schon seit Jahren. Begonnen hat es damit, dass im Jahr 2011 Brauereien – zunächst wegen anders gearteter Vorwürfe – ins Visier der Wettbewerbshüter gerieten. Von dort führte die Spur auch zu Lieferanten aus anderen Bereichen und zu den großen Handelsketten.

Im Mai 2013 folgte dann der erste Paukenschlag: Rewe akzeptierte im Zuge eines sogenannten „Settlements“ eine Geldbuße in Höhe von fast 21 Millionen Euro. Ein Settlement bedeutet, dass das betroffene Unternehmen die Vorwürfe der Behörde anerkennt und bei den Ermittlungen kooperiert, dafür kann es bei der Bemessung der Geldbuße mit einer gewissen Milde rechnen. Rewe vertrat zwar den Standpunkt, in einer rechtlichen Grauzone agiert und den Konsumenten nicht geschadet zu haben, ließ sich aber dennoch darauf ein. Und bekam die Sache auf diese Weise rasch – und ohne detailliertes Ermittlungsverfahren – vom Tisch.

"Umfassend kooperiert"

Auch Zielpunkt und Pfeiffer hätten mit der BWB „umfassend kooperiert“, verlautet von der Behörde. Sie hätten den zur Last gelegten Sachverhalt außer Streit gestellt, an der Aufklärung der Rechtsverletzung mitgewirkt und sogar „die Zuwiderhandlung noch vor Bekanntwerden des Untersuchungsschwerpunkts (der Hausdurchsuchung) freiwillig im Rahmen umfangreicher Compliance-Maßnahmen beendet“. Nicht nur das habe sich bei der Berechnung der Geldbuße mildernd ausgewirkt, sondern auch, „dass die Zielpunkt GmbH eine angespannte finanzielle Situation aufwies und der Marktanteil sowohl der Pfeiffer HandelsgmbH als auch der Zielpunkt GmbH bei unter sieben Prozent im Gegensatz zu Mitbewerbern mit einem Marktanteil von rund 30 bzw. 35 Prozent lag“.

Erich Schönleitner, Geschäftsführer der Pfeiffer HandelsgmbH, betonte im Gespräch mit der „Presse“, sein Unternehmen habe sich erst im April 2012 an Zielpunkt beteiligt. „Wir haften hier also für Fehler der Voreigentümer.“ Man sei auch bei den ersten in Österreich gewesen, die Compliance-Schritte gegen Preisabsprachen gesetzt hätten. Der Betrag der Geldbuße sei in voller Höhe durch eine Rückstellung in der Bilanz gedeckt.

Andere Händler und etliche Lieferanten haben ebenfalls Settlements akzeptiert. Anders der Handelsriese Spar: Er ging mit den Wettbewerbshütern auf Konfrontationskurs und zog vor Gericht, um, wie er sagt, rechtliche Klarheit zu schaffen. Bis heute argumentiert der Konzern, „Sprechen über Verkaufspreise“ könne nicht verboten sein. In einem Teilbereich, bei Molkereiprodukten, verhängte das Kartellgericht zwar inzwischen ein Bußgeld von drei Millionen Euro, Spar hat dagegen Rechtsmittel eingebracht, entscheiden muss nun der OGH.

Was weitere Produktbereiche betrifft, steht man laut BWB in den Ermittlungen gegen Spar erst am Anfang: Sichergestellte Unterlagen sind nach wie vor versiegelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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