Keine Überstundenpauschale während der Elternteilzeit

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eine Managerin reduzierte nach der Karenz ihre Arbeitsstunden, die Pauschale wollte sie trotzdem. Zu Unrecht, entschied der OGH.

Wien. Wer Elternteilzeit in Anspruch nimmt, macht in dieser Zeit normalerweise keine oder höchstens ausnahmsweise Mehr- oder Überstunden. Was bedeutet das für eine vereinbarte Überstundenpauschale? Läuft sie während der Elternteilzeit aliquot weiter oder nicht?

Darüber stritt eine Museumsmanagerin mit ihrem Arbeitgeber, entscheiden musste letztlich der OGH (9ObA30/15z). Er kam zu einem eher arbeitgeberfreundlichen Ergebnis: Weil während der Elternkarenz keine grundsätzliche Pflicht zur Leistung von Mehrarbeit besteht, müsse die Pauschale nicht weiterbezahlt werden. Laut dem Höchstgericht ruht der Anspruch für die Dauer der Elternkarenz.

Die Managerin hatte im Anschluss an die Karenz ihre Arbeitszeit von 40 auf 30 Stunden reduziert. Rund ein halbes Jahr lang bekam sie die vereinbarte Überstundenpauschale aliquot ausbezahlt, obwohl sie keine Mehrstunden leistete. Dann stellte ihr Arbeitgeber die Zahlungen ein – kommentarlos und ohne die Vereinbarung der Pauschale zu widerrufen. Dabei hätte er ein Widerrufsrecht gehabt, das stand so im Vertrag. Die Managerin verlangte daraufhin auch für die Folgemonate die anteilige Pauschale und klagte sie schließlich ein. Das Erstgericht gab ihr recht, die zweite Instanz und letztlich auch der OGH entschieden jedoch zugunsten des Arbeitgebers.

Mehrstunden nur freiwillig

Zweck der Elternteilzeit sei es, Mutter oder Vater ausreichend Zeit zur Kinderbetreuung zu geben und die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, heißt es in dem Urteil. Grundsätzlich haben Teilzeitbeschäftigte zwar unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht, über die vereinbarte Stundenzahl hinaus Mehrarbeit zu leisten. Wer Elternteilzeit in Anspruch nimmt, ist davon aber ausgenommen, weil das dem Zweck der Elternteilzeit widersprechen würde. Man kann zwar freiwillig länger arbeiten, muss aber nicht.

Was besagt nun aber eine Überstundenpauschale? An und für sich nur, dass eine definierte Zahl von Überstunden durch das pauschale Entgelt gedeckt ist und nicht mehr extra bezahlt werden muss – jedoch nicht, dass der Arbeitnehmer in jeder Verrechnungsperiode auch wirklich so viel Mehrarbeit leisten muss. Selbst wenn in einem Monat gar keine Überstunden anfallen, bleibt der Anspruch auf die Pauschale aufrecht.

Das sei auch der Grund, warum sich Arbeitgeber meist den Widerruf vorbehalten, sagt Angelika Pallwein-Prettner, Arbeitsrechtsexpertin bei Binder Grösswang. Widerrufen wird man vor allem dann, wenn die Auftragslage flau ist und man damit rechnet, dass auf längere Sicht keine Mehrleistungen nötig sein werden.

Während der Elternteilzeit ist die Situation anders: Der Arbeitgeber hätte in dieser Zeit gar kein Recht gehabt, von der Arbeitnehmerin zu verlangen, dass sie länger arbeitet. Aus einer Pauschalierungsvereinbarung sei aber zumindest konkludent auf eine vertragliche Verpflichtung des Dienstnehmers zur Leistung von Überstunden zu schließen, argumentierte der OGH. Eine Pauschalabgeltung werde regelmäßig in der Erwartung vereinbart, dass auch wirklich Überstunden zu leisten sein werden. Zudem deute auch der vereinbarte Widerrufsvorbehalt darauf hin, dass es „in der beiderseitigen Annahme der Parteien lag, dass solche Überstunden von der Klägerin auch tatsächlich geleistet werden“. Anders gesagt: Die Pauschale war hier tatsächlich als solche gedacht und nicht etwa als „Quasi-Überzahlung“, die der Arbeitgeber der Mitarbeiterin unabhängig von der Zahl ihrer Arbeitsstunden geben wollte.

Folglich sei es nur konsequent und sachgemäß, „wenn für die Dauer der Elternteilzeit der Anspruch auf die Überstundenentlohnung grundsätzlich ruht“, entschied der OGH. Wenn jemand trotzdem – auf freiwilliger Basis – während der Elternteilzeit mehr Stunden arbeitet als er muss, seien diese Stunden einzeln zu vergüten.

Die Widerrufsvereinbarung sei für den OGH ein Argument dafür gewesen, „dass die Pauschale nicht gezahlt werden soll, wenn sie auf längere Sicht nicht der realen Stundenleistung entspricht“, sagt Pallwein-Prettner. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Sache ohne diese Klausel im Vertrag anders ausgegangen wäre.

Ähnlich bei All-in-Verträgen?

Der OGH wies in seinem Urteil auch darauf hin, dass für All-in-Vereinbarungen schon eine ähnliche Rechtsansicht geäußert worden sei.

Zwischen „All-in“ und Überstundenpauschale gibt es allerdings wesentliche Unterschiede: Bei einem All-in-Vertrag sind grundsätzlich sämtliche Mehrleistungen durch das Gehalt gedeckt, nicht nur eine bestimmte Stundenzahl. Der Arbeitnehmer kann aber Entgelt nachfordern, wenn er innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von zwölf Monaten mehr Stunden gearbeitet hat, als laut Kollektivvertrag durch die pauschale Entlohnung abgegolten sind. Pallwein-Prettner weist auf einen weiteren Unterschied hin: Bei All-in-Vereinbarungen kann sich der Arbeitgeber kein Widerrufsrecht vorbehalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2015)

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