Schiedsverfahren: VW und Suzuki beenden jahrelangen Rosenkrieg

GERMANY CARMAKER
GERMANY CARMAKER(c) EPA (ARMIN WEIGEL)
  • Drucken

Nach dem Scheitern ihrer Kooperation stritten die Autokonzerne über die Entflechtung. Suzuki kauft jetzt seine Aktien zurück.

Tokio/Wolfsburg. Zwischen dem japanischen Autobauer Suzuki und dem deutschen Volkswagen-Konzern tobte jahrelang ein „Scheidungskrieg“. Heute, Donnerstag, soll nun der Schlussstrich gezogen werden: Suzuki will ein milliardenschweres Aktienpaket vom deutschen Expartner zurückkaufen. Bis zu 122,77 Millionen Suzuki-Aktien sollen für umgerechnet knapp 3,5Milliarden Euro erworben werden, teilten die Japaner gestern mit.

Das Schiedsgericht der internationalen Handelskammer in London hatte Ende August geurteilt, dass der VW-Konzern seine Beteiligung an Suzuki in Höhe von 19,9 Prozent abstoßen muss. Die Entscheidung beendete einen vier Jahre langen Streit wegen der gescheiterten Kooperation der beiden Autokonzerne. VW war 2010 für 1,7 Milliarden Euro bei Suzuki eingestiegen und streicht deshalb jetzt einen deutlichen Buchgewinn ein.

Der deutsche Autohersteller wollte gemeinsam mit den Japanern Billigautos für Schwellenländer entwickeln. VW erhoffte sich dadurch auch Zugang zum wichtigen indischen Markt, wo Suzuki zu den Marktführern gehört. Suzuki sollte Volkswagen zudem helfen, den japanischen Rivalen Toyota als Weltmarktführer vom Thron zu stoßen. Suzuki versprach sich seinerseits Zugang zu alternativen Antrieben von Volkswagen.

Doch die Partnerschaft ging in die Brüche – hauptsächlich, weil die Chemie zwischen den beiden Firmen nicht stimmte. Suzuki fürchtete um den Verlust seiner Eigenständigkeit, auch deshalb, weil der damals noch mächtige VW-Aufsichtsratschef, Ferdinand Piëch, den japanischen Kleinwagenspezialisten schon als nächste Marke in seinem Firmenimperium betrachtet haben soll. Auch die bilanztechnische Einstufung als „assoziiertes Unternehmen“ durch Volkswagen behagte den Japanern nicht. Wie „Die Welt“ berichtete, warfen die Japaner zudem den Deutschen vor, nur Zugriff auf überholte Technologie zu bekommen – eine Darstellung, die VW stets zurückwies.

„Keine reinen Investoren“

Trotz allem überlegte man zunächst noch gesichtswahrende Lösungen, um eine Trennung zu vermeiden; es gab auch die Idee, die Anteile an einen Treuhänder zu übertragen. Im Jahr 2011 kündigte Suzuki jedoch die Kooperation mit Volkswagen einseitig auf.

Dennoch wollte VW seine Suzuki-Anteile zunächst behalten, das führte zu dem Rechtsstreit ab November desselben Jahres. Das Schiedsgericht erklärte letztlich die Kündigung des Kooperationsvertrags für rechtens. Volkswagen wurde verpflichtet, seine milliardenschwere Beteiligung an dem japanischen Unternehmen zu verkaufen (wobei zunächst noch nicht feststand, an wen).

Die Niedersachsen hatten stets mit dem Eigentumsrecht argumentiert – sie waren der Ansicht, dass Suzuki sie trotz des Scheiterns der Kooperation nicht zum Verkauf zwingen könnte. Die Schiedsrichter kamen jedoch zum konträren Ergebnis. Laut „Die Welt“ begründeten sie das damit, dass die Deutschen keine reinen Investoren gewesen seien. Die Übernahme der Anteile sei immer Teil des Vertrages gewesen, der eine enge Zusammenarbeit der beiden Unternehmen vorsah. Beide Parteien müssten ein Recht haben, den Kooperationsvertrag kündigen zu können – daraus ergebe sich auch ein Anspruch für beide Seiten, die jeweiligen Anteile zurückkaufen zu können.

Insofern ging VW also als Verlierer aus dem Verfahren hervor. Teuer zu stehen kommt den Konzern diese Niederlage jedoch nicht. Im Gegenteil, er profitiert bilanztechnisch vom Wertzuwachs des Aktienpakets seit seinem Einstieg. Dazu kommt, dass das Schiedsgericht den Deutschen auch mögliche Schadenersatzansprüche wegen Vertragsverletzungen in zwei Fällen zugestanden haben soll. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.