Tirol blockiert neues Vergabegesetz

(c) FABRY Clemens
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Die Umstellung auf das Bestbieterprinzip droht im Finale zu platzen.

Wien/Innsbruck. Nach monatelangen Beratungen und einem Konsens in der SPÖ-ÖVP-Koalition hat das Bundesland Tirol der Bundesregierung bei der Stärkung des Bestbieter- statt des Billigbieterprinzips kurz vor dem Beschluss im Nationalrat einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die entsprechende Neuregelung des Bundesvergabegesetzes wurde diese Woche nämlich im parlamentarischen Verfassungsausschuss nicht beschlossen, sondern wegen der Tiroler Einwände vertagt. Damit bleibt für einen Nationalratsbeschluss nun nur mehr eine Frist bis 3. Dezember.

Diese Verschiebung ist außergewöhnlich. Denn es liegt nicht nur eine zwischen den beiden Regierungsparteien und den Sozialpartnern akkordierte Gesetzesvorlage vor, auch FPÖ und Grüne unterstützen das Vorhaben. Der Haken dabei: Alle Bundesländer müssen ebenfalls zustimmen, aber Tirol hat sich quergelegt. Damit ist vorerst blockiert, dass künftig bei öffentlichen Auftragsvergaben das Bestbieterprinzip ausgebaut wird, sodass nicht nur der Billigstbieter zum Zug kommt. Mit der Neuregelung könnten bei Auftragsvergaben auch soziale Aspekte und Qualitätskriterien stärker berücksichtigt werden. Das soll vor allem auch die Chancen regionaler Unternehmen bei Auftragsvergaben erhöhen.

Baugewerkschaft: „Ein Witz“

Am größten ist die Wut über die Tiroler Blockade beim Vorsitzenden der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch (SPÖ), der sich seit mehr als einem Jahr unter anderem mit der Bauinnung in der Wirtschaftskammer, aber auch in der rot-schwarzen Koalition um die Umsetzung des Bestbieterprinzips bemüht. Diese Änderung müsse kommen, „sonst werden weiter regionale Betriebe und Arbeitsplätze vernichtet“, warnt Muchitsch, der den 3. Dezember als letzte Chance für einen rechtzeitigen Beschluss noch im heurigen Jahr sieht. Denn sonst komme die Änderung für die Bausaison im kommenden Jahr bereits zu spät. Muchitsch schäumt: „Das ist ein Witz.“

Der Verfassungssprecher der ÖVP, Wolfgang Gerstl, verweist darauf, Tirol beklage, dass der Gesetzesentwurf ohne Einbindung der Bundesländer paktiert worden sei. Das bestreitet jedoch der zuständige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) vehement. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2015)

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