EuGH-Urteil: Bundesbeamten wird Lehrzeit nicht angerechnet

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Ein Beamter scheiterte mit dem Begehren, seine Lehrzeit möge bei der Berechnung seiner Pensionsansprüche einbezogen werden.

Wien.Mit dem Problem einer möglichen Diskriminierung aufgrund des Alters hatte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer seiner jüngsten Entscheidungen (C-159/15) auseinanderzusetzen. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte den Fall dem EuGH zur Entscheidung mit dem Ersuchen vorgelegt, die EU-Richtlinie 2000/78 zur „Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ auszulegen.

Bei dem Rechtsstreit vor dem VwGH ging es um Folgendes: Ein Mann hatte noch vor Vollendung seines 18. Lebensjahres eine Lehre bei der österreichischen Post- und Telegraphenverwaltung des Bundes absolviert. Erst später begann er sein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Die Jahre vergingen, und 2004 wurde der Bundesbeamte in den Ruhestand versetzt. Damit aber begannen die Zores: Sein Arbeitgeber, die Telekom Austria, weigerte sich, bei der Berechnung seiner Pensionsansprüche die Lehr- und Beschäftigungszeiten, die er vor dem 18. Lebensjahr zurückgelegt hatte, zu berücksichtigen. Sie berief sich auf das österreichische Pensionsgesetz 1965, das eine Mindestaltersgrenze vorsieht. Genau diese aber sei diskriminierend, argumentierte der Beamte und brachte damit seinen Fall schlussendlich vor den EuGH. Der hatte folgende Frage zu klären: Handelt es sich um eine verbotene Diskriminierung, wenn Lehr- und Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der Pensionsansprüche nicht berücksichtigt werden, weil das Gesetz ein Mindestalter vorsieht? Immerhin legt die zitierte EU-Richtlinie fest, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen der Religion, einer Behinderung oder etwa des Alters geben dürfe.

Diskriminierung gerechtfertigt

Die Entscheidung des Luxemburger Gerichts wird nicht nur den pensionierten Bundesbeamten ernüchtern, sondern auch andere, die in gleicher Weise betroffen sind. Zuerst einmal hielt der EuGH fest, dass eine nationale Regelung wie die im österreichischen Pensionsgesetz 1965 zweifelsfrei eine Ungleichbehandlung schaffe, die unmittelbar auf dem Kriterium des Alters beruhe. Zwei Personen, die ein und dieselbe Ausbildung genossen und gleich viel Berufserfahrung aufzuweisen haben, könnten nämlich allein wegen ihres jeweiligen Alters ungleich behandelt werden. Doch genau das könne gerechtfertigt sein, so der EuGH weiter. Und zwar dann, wenn die innerstaatliche Regelung Ausdruck der Freiheit sei, welche die EU-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der innerstaatlichen Umsetzung zugesteht. Demnach dürfe jedes Land bei allen betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Altersgrenzen im Rahmen dieses Systems festsetzen.

Das bedeutet, die Mitgliedstaaten dürfen nicht nur unterschiedliche Altersgrenzen für bestimmte Beschäftigte, Gruppen und Kategorien von Mitarbeitern normieren. Sie können auch eine einheitliche Altersgrenze als Voraussetzung für die Mitgliedschaft in einem Pensionssystem oder den Bezug von Altersrente festsetzen. Allerdings unter einer Bedingung: So eine Festsetzung muss einheitlich erfolgen, also – wie im konkreten Fall – für alle Beamte gelten. Doch das Urteil betrifft nicht nur sie. Denn der EuGH spricht nicht nur von Ruhegeldern für Beamte, sondern von allen betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit, sprich allen Pensionssystemen. Daher können auch unselbstständige Beschäftigte und Selbstständige von der Entscheidung tangiert sein.

Beiträge umsonst bezahlt?

Eine Frage stellt sich noch: Was ist eigentlich mit den Pensionsbeiträgen passiert, die der Mann bis zum 18. Lebensjahr an die Versicherungsanstalt einbezahlt hat? Um dieses Geld, es handelt sich um 2400 Euro, ist der Beamte nicht umgefallen. Der Betrag war ihm schon vor vielen Jahren zugesprochen worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2016)

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