OGH: Chef darf Gesichtsschleier verbieten

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Einer Mitarbeiterin muslimischen Glaubens hatte ihren Chef wegen Diskriminierung geklagt. Doch der Schleier widerspricht einer "Grundregel" der Kommunikation.

Wien. Ein Chef darf von einer Mitarbeiterin muslimischen Glaubens verlangen, dass sie am Arbeitsplatz keinen Gesichtsschleier trägt. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun klargestellt (9 ObA 117/15v).
Anlass war der Fall eines Notars: Er hatte den Dienstvertrag mit einer Muslimin gekündigt, nachdem diese auf dem Gesichtsschleier bestanden hatte. Die Frau verklagte ihn daraufhin auf 7000 Euro Schadenersatz wegen religiöser Diskriminierung. Das Tragen religiöser Kleidung am Arbeitsplatz sei zwar vom Diskriminierungsschutz umfasst, heißt es in der Entscheidung, und es gehöre zu den Persönlichkeitsrechten jedes Menschen, das eigene Erscheinungsbild selbst zu bestimmen. Das Gesicht unverhüllt zu lassen, zähle jedoch „in Österreich zu den unbestrittenen Grundregeln zwischenmenschlicher Kommunikation“.

In einem anderen Punkt gab der OGH dagegen der Klägerin recht: Zuvor hatte sie im Dienst Kopftuch und Abaya getragen, ihr Chef hatte daraufhin ihren Einsatz als Testamentszeugin auf Klienten mit Migrationshintergrund beschränkt. Das und ein paar Bemerkungen des Notars – so hatte er von einem „Dauerexperiment ethnischer Kleidung“ gesprochen – seien tatsächlich diskriminierend gewesen, fand das Höchstgericht. Es sprach der Klägerin dafür 1200 Euro Schadenersatz zu – ausdrücklich ohne Zinsen, wie sie es verlangt hatte. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2016)

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