Haftung. OGH: Prüfpflicht bei Domainvergabe beschränkt.
Wien. Die Domain ns.at ist in Österreich nicht verfügbar. Nicht aus politischen Gründen, sondern weil Österreichs Vergabestelle Nic.at unter dem Kürzel ihre hausinterne Technik betreibt. Die Befürchtung, dass die im August anlaufende Einführung von Kurzdomains auch die Schleusen für ungewollte Seiten verbreitern könnte, hat Hausjuristin Barbara Schlossbauer nicht. „Auch 88, HH (in neonazistischen Kreisen verwendete Synonyme für Heil Hitler, Anm.) und Sonstiges kann man bei uns registrieren.“ Denn nicht die Domain sei das Problematische, sondern erst der Inhalt der darunter betriebenen Website. Die zurückgelehnte Haltung der Nic.at gegenüber Domains, bei denen der Verdacht naheliegt, dass darunter strafrechtlich verfolgtes Gedankengut verbreitet werden könnte, ruht auf vier OGH-Urteilen. Erstmals beschäftigte er sich in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2000/01 damit: Ein US-Amerikaner hatte mit der geklonten FPÖ-Seite fpo.at für Aufregung gesorgt, die er mit rechtsradikalen Links garnierte. Die Nic.at kam dem Löschungsantrag der Freiheitlichen Partei nicht nach. „Wir taten es nicht, um abzustecken, wo eigentlich unsere Haftung beginnt“, sagt Schlossbauer.
Die Vergabestelle verlor und wurde vom OGH zur Beseitigung der Domain verurteilt. Seit damals gilt: Die Nic.at trifft keine allgemeine Prüfpflicht vor oder bei Registrierung. Sie muss die angezeigte Namensverletzung aber verhindern, sobald ihr die Rechtsverletzung hinreichend deutlich ist. Auch ohne juristisches Vorwissen sollte das laut OGH hier ohne Nachforschungen aufgrund der rechtsradikalen Links der Fall sein. (loan)
AUF EINEN BLICK
Das Verfahren. 4965 ein- und zweistellige at.-Domains werden bis 6. 12. in einem vierstufigen Verfahren auf den Markt geworfen. Ab 29. 8. können sich Markeninhaber gleichlautende Domains sichern – spannend könnte das etwa für VW, A1, 3 oder Ö3 werden. Gibt es zwei Bewerber, müssen sie gegeneinander bieten. Am 7. 11. beginnt die öffentliche Akutionsphase. Der Rest kommt ab 6. 12. in den freien Verkauf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2016)