Was das Schweigen des Versicherers zu bedeuten hat

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Was muss passieren, damit der Widerruf einer Kündigung von einer Krankenversicherung gültig ist? Der OGH äußerte sich nun dazu.

Wien. Ein Mann kündigte seine private Krankenversicherung am 5. November 2012, weil er sich ein besseres Angebot von einem anderen Versicherungsunternehmen erhoffte. Er wollte den Vertrag mit 31. 1. 2013 beendet wissen.

Die Versicherung reagierte sehr prompt. Nur vier Tage später teilte sie dem Mann mit, dass die Kündigung nur zum Ende eines Versicherungsjahres unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist möglich sei. Nachdem der Kunde seine Krankenversicherung am 1. 2. 1991 begonnen hatte, war seine Kündigung also fünf Tage zu spät erfolgt.

Die Versicherung deutete die Kündigung des Mannes um und kalendierte die Beendigung des Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt, also erst mit 31. 1. 2014.

Das teilte sie dem Mann ebenfalls in dem Schreiben mit.

Im Laufe des Jahres 2013 überdachte der Mann seine Entscheidung offenbar noch einmal gründlich und teilte der Versicherung im Oktober 2013 schriftlich mit, dass er von der Kündigung zurücktrete. Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt, er wolle die Polizze in unveränderter Form fortführen.

Keine Reaktion

Auf dieses Schreiben reagierte die Versicherung allerdings nicht. Für den Kunden schien damit alles geklärt. Das böse Erwachen kam für den Mann jedoch erst im Juni 2014, als er nach einem schweren Sturz in einer Klinik stationär aufgenommen werden musste. Nachdem er annahm, noch immer privat bei seiner Versicherung krankenversichert zu sein, gab er das auch im Spital an. Die Versicherung ließ daraufhin abermals prompt von sich hören. Sie teilte mit Bedauern mit, dass eine Kündigungsrücknahme nicht erfolgen könne.

Erzürnt vom ambivalenten Vorgehen des Versicherungsunternehmens, klagte der Mann es nicht nur auf die Zahlung von 5100 Euro Tagegeld, sondern auch auf die Feststellung, dass seine Krankenversicherung über den 31. 1. 2014 hinaus aufrecht sei.

Nachdem die erste Instanz seine Begehren abgewiesen hatte, gab das Berufungsgericht seinem Feststellungsbegehren statt. Und auch der Oberste Gerichtshof (OGH) stellte klar, wie das Nichtreagieren der Versicherung auf die Rücknahme der Kündigung für den Mann zu verstehen gewesen sei.

Schweigen ist hier Zustimmung

Die Versicherung habe erstmals ordnungsgemäß auf die Kündigung des Kunden reagiert und diese in eine zum nächstmöglichen Zeitpunkt umgedeutet. Als der Versicherungsnehmer Monate später schriftlich seine Kündigung widerrief, rechnete er ebenfalls mit einer Mitteilung, falls dieser Widerruf der Kündigung unwirksam sein sollte – umso mehr, als er ja auch über die Unwirksamkeit seiner Kündigung umgehend in Kenntnis gesetzt worden war.

Bei gleicher Interessenslage wie etwa bei einer unwirksamen Kündigung liege daher eine unklare Rechtslage vor, deren Klärung der Versicherer aufgrund seiner überlegenen Geschäftskunde nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unverzüglich einzuleiten hat, stellte der OGH klar (7 Ob 86/16x).

Unterlässt dies der Versicherer, indem er bloß schweigt, dann ist sein Schweigen als Zustimmung zu dem Widerruf zu verstehen – auch wenn dieser tatsächlich als Anbot auf Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses zu verstehen ist. Für den Versicherungsnehmer ist die Frage des (Nicht)-Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses im Hinblick auf die Notwendigkeit des Abschlusses eines neuen Versicherungsvertrages nämlich von großer Bedeutung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2016)

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