Kartengebühren: EU-Verordnung nützt Kunden wenig

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Kreditvertrag(c) Erwin Wodicka - BilderBox.com (Erwin Wodicka - BilderBox.com)
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Die Kostendeckelung durch die EU habe Kreditkarten viel billiger gemacht, verlautet aus der Branche. Konsumentenschützer kontern: Für die Kunden sei die Entlastung kaum spürbar.

Wien. „Ich habe meine Diners-Club-Karte noch.“ „Ich nicht mehr, habe gekündigt.“ So oder so ähnlich begann beim Competition Talk am Dienstag in Wien fast jedes Statement aus dem Publikum. Zum Meinungsaustausch geladen hatte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Das Thema: „Kreditkarten und Wettbewerb“. Einer der Referenten: Card-Complete-Chef Heimo Hackel. Ihm galten die Zurufe, denn auch Diners Club – genauer: die DC-Bank – gehört seit rund einem Jahr zur Card-Complete-Gruppe. Und viele Diners-Club-Kunden bekamen heuer zu Jahresbeginn unerfreuliche Post, denn die DC-Bank hebt neuerdings für bisher kostenlos ausgegebene Kreditkarten eine jährliche Gebühr ein. Auch Karten, die zwar nicht gratis, aber stark verbilligt waren, wurden teurer. Ja, die DC-Bank habe dadurch Kunden verloren, räumte Hackel ein – wie viele, konnte oder wollte er nicht sagen. Ausgestiegen seien aber vor allem Kunden mit geringen Umsätzen. Also Leute, die nur selten mit der Kreditkarte bezahlt hatten.

Wie wirkt die EU-Verordnung?

Begründet hatte die Bank ihre „Konditionenanpassung“ mit der neuen EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsverkehrsvorgänge, die im Dezember 2015 in Kraft trat. Diese Vorschrift soll an sich den Konsumenten nützen, indem sie bestimmte Entgelte, die bei Kreditkartenzahlungen anfallen, deckelt.

Konkret geht es um Geld, das zwischen den im Hintergrund agierenden Banken fließt: Der Händler, Hotelier oder sonstige Betrieb, der Karten als Zahlungsmittel akzeptiert, bezahlt seine Bank dafür, dass sie die Kartenzahlungen für ihn abwickelt. Von diesem Betrag fließt wiederum ein Teil – eben das Interbankenentgelt – an jenes Institut, von dem der Kunde die Kreditkarte hat. Nur dieser Teil des Händlerentgelts ist von der Deckelung betroffen: Er darf bei Zahlungen mit Kreditkarte höchstens 0,3 Prozent des Transaktionswerts ausmachen, bei Debitkarten (Bankomatkarten) höchstens 0,2 Prozent.

Die Regulierung habe auch wirklich eine deutliche Kostenreduktion bei Kreditkarten gebracht, sagte Hackel. Gemessen am Warenkorbwert eines Händlers, seien – nach Berechnungen aus Deutschland– die direkten Kosten um 62 Prozent gesunken, die Gesamtkosten (in denen z. B. auch Zahlungsausfälle enthalten sind) um 33Prozent. Die Kreditkartenzahlung gehöre jetzt zu den günstigsten Zahlungsverfahren, insgesamt noch günstiger sei nur die sogenannte Sofortüberweisung.

Händler müsste Preise senken

Aber was hat der Konsument davon? Nicht viel, meinte VKI-Geschäftsführer Josef Kubitschek. Denn so begrüßenswert die Limitierung der Interbankenentgelte an sich sei – beim Verbraucher komme sie gar nicht oder höchstens zu einem Bruchteil an. Denn zum einen betreffe sie nur einen Teil des Händlerentgelts. Und zum anderen müssten zwei Dinge passieren, damit der Konsument von der Kostenreduktion etwas spürt: Die Bank des Händlers müsste den Kostenvorteil des niedrigeren Interbankenentgelts an diesen weitergeben. Und der Händler müsste dann auch seine Preise senken.

Dass das in der Praxis geschehen sei, habe der VKI nicht verifizieren können, meinte Kubitschek. Schließlich hänge die Preiskalkulation der Händler von sehr vielen Parametern ab, wie Lohnkostenentwicklung, Inflation, Nachfrage – da sei ein Einfluss der EU-Verordnung auf die Preisentwicklung „weder greif- noch messbar“. Sondern es sei zu befürchten, dass letztlich nur die Händler selbst, oder ihre Zahlungsdienstleister, eine Entlastung durch die kostendämpfenden Effekte spüren.

Der Handel wiederum ortet das Problem bei den Kreditkartenfirmen und den mit ihnen verbundenen Banken: Diese würden die von der EU verordnete Kostendeckelung umgehen. „Auf Kosten von Händlern und Konsumenten“ hätten sie Gebühren neu berechnet und die Reduktion des Interbankenentgelts mit anderen Entgelten wieder ausgeglichen, sagte Iris Thalbauer, WKO-Geschäftsführerin der Sparte Handel, dem „Trend“. Ein Vorwurf, den Visa und Mastercard freilich zurückweisen.Thalbauer fordert nun rechtsverbindliche österreichische Umsetzungsregeln für die EU-Verordnung ein.

Niemand ist zuständig

Dass solche nötig wären, bestätigt auch die BWB: Zwar gelten EU-Verordnungen, anders als Richtlinien, in den einzelnen Mitgliedsländern unmittelbar. Was aber laut BWB bislang fehlt, ist eine Regelung, die vorsieht, welche Behörde für den Vollzug zuständig ist. Zwar hätte das laut EU-Vorgaben bis Juni 2016 geregelt werden müssen, aber nicht alle Länder haben es schon getan – auch Österreich nicht. Solange aber nicht klar ist, welche Behörde die Einhaltung der Verordnung überwacht, ist die Vorschrift eher zahnlos.

In manchen EU-Ländern haben die Wettbewerbshüter diesen Part übernommen. Auch die BWB hielte das für sinnvoll – freilich brauchte sie dafür zusätzliche Ressourcen, wie es in einem Positionspapier dazu heißt. Eine mögliche Variante wäre aus ihrer Sicht auch, sich die Zuständigkeit mit der Finanzmarktaufsicht zu teilen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2016)

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