Wie man Polizeibeamte nicht nötigt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein Telefonat mit Seltenheitswert konnte Ende 2015 ein Vorarlberger Polizeibeamter führen.

Als er über den polizeilichen Notruf einen Anruf entgegennahm, teilte ihm eine Frau – zusammengefasst – Folgendes mit: Sie gehe auf der Straße und trage ein Messer bei sich. Sie habe vor, jemanden umzubringen, wenn kein Streifenwagen bei ihr vorbeikomme. Und sie würde auch in den nächsten Ort fahren und dort einen Türken abstechen.

Vorweg, die Frau wurde im folgenden Strafverfahren in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, nachdem ihre Unzurechnungsfähigkeit alsbald feststand. Das Urteil des Landesgerichts Feldkirch bekämpfte sie. Deshalb musste sich auch der Oberste Gerichtshof (OGH) damit befassen, ob der Frau – wäre sie zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen – das Delikt Nötigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zur Last gelegt werden kann. Immerhin zwang sie den Beamten mit einer Drohung mit dem Tod zu einer Amtshandlung. Wie man sich unschwer vorstellen kann, löste sie mit ihren Äußerungen nämlich einen Polizeieinsatz aus.

Es handle sich weder um eine Nötigung noch um Widerstand gegen die Staatsgewalt, stellte der OGH (12Os81/16b) fest. Die Drohung hätte dazu nämlich geeignet sein müssen, den Bedrohten zu einem ihm nicht entsprechenden Willensakt zu zwingen. Das sei aber hier nicht so gewesen, denn die Frau habe einen Polizeieinsatz zwar ausgelöst, aber nicht erzwungen. Die Beamten hätte jedenfalls die Pflicht gehabt, in so einem Fall einzuschreiten. Allenfalls könnte das Verhalten als gefährliche Drohung beurteilt werden, so der OGH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2016)

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