Neue Therme als Zündstoff im Haus

(c) HERBERT NEUBAUER / APA
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Für den neuerdings vorgeschriebenen Einbau von Brennwertthermen muss auch der Kamin adaptiert werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind unzureichend.

Wien. Die herkömmliche Gaskombitherme hat ausgedient: Gemäß der Ökodesign-Richtlinie (Richtlinie 2009/125/EG), die durch die Ökodesign-Verordnung (BGBlII 187/2011) in österreichisches Recht umgesetzt wurde, dürfen nur mehr sogenannte Brennwertthermen neu installiert werden. Diese verbrauchen weniger Gas, und vor allem gilt die Gefahr einer Monoxidvergiftung als ausgeschlossen. Doch was gut für die Umwelt und noch besser für die Sicherheit ist, könnte für Zündstoff in vielen Wohnungseigentumsanlagen sorgen.

Die Installation einer Brennwerttherme bringt nämlich Adaptionsarbeiten am Kamin mit sich. Insbesondere müssen ein neuer Kamineinzug und ein Abgassammler geschaffen werden. Ist der Kamin einmal für eine Brennwerttherme umgerüstet, kann er für Gaskombithermen nicht mehr verwendet werden.

Allgemeiner Teil des Hauses

Nun sind in einem Mehrparteienhaus an einem Kamin üblicherweise mehrere Thermen angeschlossen. Es handelt sich daher um einen allgemeinen Teil des Hauses. Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen einem Wohnungseigentümer zur Verfügung, der seine Therme tauschen möchte – oder sogar muss, weil die alte Therme kaputt geworden ist –, um die notwendige Adaption des Kamins durchzusetzen?

Fraglich ist schon, welches Beschlussverfahren überhaupt anzuwenden ist: Man kann der Auffassung sein, dass die Adaption des Kamins eine Erhaltungsmaßnahme im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 darstellt, die unter die ordentliche Verwaltung fällt, also eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer bedarf. Dies würde auf einer Linie mit der Rechtsprechung des OGH liegen, die von einem „dynamischen“ Erhaltungsbegriff ausgeht; dieser trägt veränderten rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung. Zwingend muss man das allerdings nicht so sehen: Es könnte auch eine Verbesserung bzw. Erneuerung vorliegen, die gemäß § 29 WEG 2002 zwar auch von der Mehrheit beschlossen werden kann, jeder Überstimmte kann aber die gerichtliche Aufhebung des Beschlusses verlangen. Ein Aufhebungsgrund ist insbesondere dann verwirklicht, wenn die Kosten nicht aus der Rücklage gedeckt werden können.

Kommt nun überhaupt kein Mehrheitsbeschluss zustande, kann der Eigentümer, der seine Therme tauschen will (muss), eine gerichtliche Entscheidung beantragen, dass die Adaption des Kamins binnen einer bestimmten Frist durchgeführt werden muss (§ 30 WEG 2002). Dies aber nur, wenn man der Auffassung ist, dass es sich um eine (bloße) Erhaltungsmaßnahme handelt; bei Verbesserungen bzw. Erneuerungen greift dieses Prozedere nicht. Unabhängig davon bleibt dem Eigentümer auch noch die Möglichkeit, die Adaption des Kamins über sein Änderungsrecht gemäß § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 durchzusetzen: Jeder Wohnungseigentümer ist nämlich zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt berechtigt, soweit diese weder eine Schädigung des Hauses noch die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer zur Folge haben.

Für solche Änderungen dürfen auch allgemeine Teile der Liegenschaft – wie der Kamin – in Anspruch genommen werden, soweit die Änderung entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dient. In Anbetracht des eingangs geschilderten zwingenden Umstiegs auf die Brennwerttherme werden beide Kriterien zu bejahen sein. Allerdings hat der Eigentümer in diesem Fall die Adaption des Kamins selbst zu finanzieren (hätte aber einen Bereicherungsanspruch gegenüber den weiteren Wohnungseigentümern, deren Wohnungen denselben Kamin verwenden und denen die Änderung daher ebenfalls zugutekommt).

Besonders brisant erscheint, dass im Fall einer Adaption des Kamins alle Thermen, die an den Kamin angeschlossen sind, getauscht werden müssen. Alle Wohnungseigentümer, die sich einen Kamin teilen, müssen also aus technischer Sicht gleichzeitig auf die neuen Brennwertthermen umsteigen. Man kann sich leicht ausmalen, dass dies nicht immer friktionsfrei vonstattengehen wird, insbesondere, weil Heizthermen eine unterschiedliche Lebensdauer haben, zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafft worden sein können, und es daher nur selten der Fall sein wird, dass alle Thermen, die an einem Kamin hängen, gleichzeitig austauschbedürftig sein werden. Dazu kommt noch, dass die neuen Kamineinzüge und Abgassammler mehr Platz benötigen, sodass in Einzelfällen sogar eine bauliche Vergrößerung des Kaminschachts erforderlich sein kann.

Gesetzliche Klärung notwendig

Zur Lösung dieser Konflikte scheint kein derzeit vorhandenes wohnungseigentumsrechtliches Regulativ so richtig zu passen. Rechtspolitisch würde der Gesetzgeber daher gut daran tun, einen eindeutigen rechtlichen Rahmen zu schaffen. Dies könnte beispielsweise dadurch geschehen, dass die für den Betrieb von Brennwertthermen notwendigen Adaptionsarbeiten am Kamin ausdrücklich in den Katalog der Erhaltungsmaßnahmen des § 3 MRG, auf den § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 verweist, aufgenommen werden. Zusätzlich wäre dafür Sorge zu tragen, dass jene Wohnungseigentümer, die aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses zur Kaminadaption ihre Therme tauschen müssen, obwohl sie ihre technische Lebensdauer noch nicht erreicht hat, einen adäquaten Geldersatz erhalten.


Dr. Schöberl ist Rechtsanwalt in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2016)

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