Wohnungseigentum: Rechtsstreit um Fenstertausch

Holzkastenfenster sanieren oder austauschen? Das wurde zur Streitfrage vor Gericht.
Holzkastenfenster sanieren oder austauschen? Das wurde zur Streitfrage vor Gericht.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Holzfenster durch Kunststoff zu ersetzen, zählt zur ordentlichen Verwaltung eines Hauses.

Wien. In einem Wohnungseigentumshaus sollten schadhafte Holzkastenfenster und Balkontüren ausgetauscht werden. Dass sie kaputt waren, stand außer Streit – trotzdem landete der Fall vor Gericht. Denn über die Details der Sanierung waren sich nicht alle Wohnungseigentümer einig.

Zwar hatte die Mehrheit beschlossen, dass neue Kunststofffenster eingebaut werden sollten. Einem der Miteigentümer passte das jedoch gar nicht, er verweigerte den Austausch in seinen Wohnungen und zog gegen den Beschluss vor den Kadi. Er beanstandete, Kunststofffenster würden den Jugendstilcharakter des Gebäudes zerstören. Zudem sei der Tausch im Vergleich zu einer Sanierung der alten Fenster unwirtschaftlich. Bei Gericht blitzte er damit ab: Denn die Maßnahme betreffe nur die Hofseite, und dort weise das Gebäude ohnehin keine Jugendstilelemente auf. Der – zum Großteil bereits erfolgte – Fenstertausch verstoße auch nicht gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

Der Rechtsstreit landete schließlich beim OGH (5Ob208/16y). Dieser hatte unter anderem zu prüfen, ob der Fenster- und Türentausch zur „ordentlichen Verwaltung“ eines Gebäudes zählt oder nicht. Der Unterschied ist gravierend: Zwar entscheidet in Angelegenheiten der „ordentlichen“ wie auch der „außerordentlichen“ Verwaltung die Mehrheit der Wohnungseigentümer. Im Bereich der ordentlichen Verwaltung kann man aber einen korrekt zustande gekommenen Mehrheitsbeschluss nur dann wirksam anfechten, wenn er gesetzwidrig ist. Laut OGH also dann, wenn zwingende Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) verletzt werden oder es „krasse“ Verstöße gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gibt. Beschlüsse im Bereich der außerordentlichen Verwaltung kann dagegen jeder, der überstimmt wurde, bekämpfen, wenn er sich dadurch übermäßig beeinträchtigt fühlt.

Gilt Austausch als „Erhaltung“?

Erhaltungsmaßnahmen fallen laut Gesetz unter die ordentliche Verwaltung, darüber hinausgehende Veränderungen – auch nützliche Verbesserungen – jedoch nicht. Der Fenster- und Türentausch sei hier jedoch als Erhaltungsmaßnahme und damit als Teil der ordentlichen Verwaltung zu sehen, entschied der OGH. Denn auch Erneuerungen reparaturbedürftiger Teile zählen aus seiner Sicht dazu, selbst wenn dabei Veränderungen gegenüber dem vorigen Zustand vorgenommen werden.

Eine solche Maßnahme müsste somit schon krass gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, um anfechtbar zu sein. Das war hier aber nicht der Fall, fand der OGH: Zwar könne es sein, dass Kunststofffenster bzw. -türen nicht nur Vorteile gegenüber einer vergleichbaren Holzkonstruktion haben. Dafür seien aber die Kosten deutlich geringer. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2017)

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