EU-Verordnung erleichtert Kontenpfändung

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Bei grenzüberschreitenden Forderungen ist jetzt vorläufige Pfändung möglich – sogar schon vor Prozessbeginn.

Seit Kurzem gilt eine EU-Verordnung, die es erleichtern soll, Geldforderungen im EU-Ausland einzutreiben (Europäische Kontenpfändungsverordnung, EUKoPfVO Nr.655/14). Die Regelung, die am 18. Jänner in Kraft trat, erlaubt eine vorläufige, grenzüberschreitende Kontenpfändung. Damit soll verhindert werden, dass Vermögen auf ausländische Konten verschoben wird, um die Vollstreckung zu vereiteln.

Als Gläubiger kann man jetzt während, aber auch schon vor der Einleitung eines Gerichtsverfahrens einen Beschluss erwirken, dass ein bestimmter Betrag auf dem Konto des Schuldners in einem anderen Mitgliedsstaat gesperrt werden soll. Der Gläubiger muss dazu glaubhaft machen, dass er gegenüber dem Schuldner eine Forderung in der entsprechenden Höhe hat, und dass das Risiko besteht, eine Eintreibung könnte ohne die Pfändung unmöglich oder sehr erschwert werden.

Kein Recht auf Anhörung

Der Effekt ist der gleiche wie bei einer einstweiligen Verfügung (EV). Der Unterschied liege jedoch im einfacheren Verfahren, sagt Timon Pfleger, Jurist im Team für Prozessführung bei BKP. Denn die vorläufige Kontopfändung ist ohne Anerkennungsverfahren vollstreckbar, und wegen des Überraschungseffekts gibt es nicht einmal eine vorherige Anhörung des Schuldners. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Gläubiger sogar beantragen, dass die Bank und das Konto des Schuldners erst ermittelt werden. Die Information bekommt dann jedoch nicht er selbst, sondern nur das Gericht.

Aus Gläubigersicht bringt die Neuregelung zweifellos Erleichterungen – und einigen Ärger für potenzielle Schuldner. Denn auch wenn die Forderung strittig ist, kann es nun leichter zu einer vorläufigen Sperre des Betrages auf einem ausländischen Schuldnerkonto kommen. Mit Rechtsbehelfen dagegen wehren kann man sich erst im Nachhinein.

Vorgesehen ist lediglich, dass dem Schuldner ein pfändungsfreies Existenzminimum bleiben muss. Stellt sich die Pfändung als ungerechtfertigt heraus, kann außerdem ein Schadenersatzanspruch des Schuldners gegenüber dem Gläubiger entstehen. Um diesen Anspruch entsprechend abzusichern, kann das Gericht vom Gläubiger eine Sicherheitsleistung verlangen. In Fällen, in denen der Gläubiger noch keinen Rechtstitel (z. B. Gerichtsurteil) hat, sollte eine Sicherheitsleistung sogar der Regelfall sein, heißt es in den Erwägungsgründen zur Verordnung.

Für den Pfändungsbeschluss zuständig ist das Gericht, das auch über die Hauptforderung zu entscheiden hat. Wo der Schuldner wohnt oder seinen Firmensitz hat, ist nicht relevant, es genügt, dass er in der EU „klagen oder verklagt werden kann“. Der Schuldner könnte also etwa auch eine chinesische Firma sein, die in einem EU-Land eine Kontoverbindung hat.

In Kraft gesetzt wurde die Verordnung übrigens nicht in der gesamten Union: Austrittskandidat Großbritannien ist nicht dabei, aber auch Dänemark nicht.


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