„Nicht nachvollziehbar“: Schelte für neues Vergaberecht

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Der Gesetzesentwurf war in Begutachtung, manche Stellungnahmen fielen vernichtend aus. Unter anderem die des Finanzministeriums.

Vergangenen Montag endete die Begutachtungsfrist für die Reform des Vergaberechts. Zahlreiche Stellungnahmen langten ein, durchaus auch lobende – aber ebenso einige mit harscher Kritik.

„Grundsätzlich wird festgehalten, dass der vorliegende Gesetzesentwurf in dieser Form nicht nachvollziehbar und abzulehnen ist“, konstatierte etwa das Finanzministerium (BMF). Unter anderem regt es an, viele Regelungen zu vereinfachen. Zudem stößt es sich am neuen Schwellenwert von 50.000 Euro für Direktvergaben: Dieser solle wieder auf die derzeit vorgesehenen 100.000 Euro angehoben werden.

Die Pflicht der Auftraggeber, elektronische Rechnungen zu akzeptieren, würde das BMF dagegen gern auf den Unterschwellenbereich ausweiten. Zu diesem zählen derzeit Leistungen und Lieferungen bis ca. 135.000 Euro (exklusive Umsatzsteuer) und Bauaufträge mit einem Wert bis 5,2 Millionen Euro. Wären solche „kleineren“ Aufträge nicht erfasst, würde die Regelung zur leeren Hülse ohne Wirkung verkommen, warnt das Ministerium – 99 Prozent der Rechnungen könnten dann weiterhin auf Papier eingefordert werden.

Überarbeitet werden muss aus der Sicht des BMF auch die „wirkungsorientierte Folgenabschätzung“: Derzeit enthalte diese nur allgemeine Aussagen, aber keine konkrete Abschätzung der finanziellen Auswirkungen der Novelle.

Alles andere als glücklich mit dem Entwurf zeigt sich auch die Sozialpartnerinitiative „Faire Vergaben“, sie ortet in manchen Bereichen eine Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Rechtslage. Unter anderem fordert sie neuerlich die Einführung einer Verpflichtung, bei Bestbieterverfahren zumindest zwei weitere Vergabekriterien neben dem Preis festzulegen. Zudem schlägt sie vor, dass zum Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bieter zwingend Ratingzahlen herangezogen werden sollen – etwa ein KSV-Rating.

Für ein Mindestrating als verpflichtendes Eignungskriterium plädiert auch die Vereinigung industrieller Bauunternehmungen Österreichs (VIBÖ). Aus ihrer Sicht sollte auch ein positives Eigenkapital und ein bestimmter Mindestjahresumsatz (in Relation zum Auftragswert) verpflichtend als Eignungskriterium festgelegt werden. Letzteres ist umstritten, vor allem kleinere Unternehmen stehen dem tendenziell ablehnend gegenüber. Sie befürchten, es könnte sie von öffentlichen Auftragsvergaben ausschließen.

Haftung für Subunternehmer?


Dass Sektorenauftraggeber – etwa aus den Bereichen Energie, Wasser oder Verkehr – künftig nicht in gleichem Umfang wie „klassische“ öffentliche Auftraggeber ans Bestbieterprinzip gebunden sein sollen, sorgt ebenfalls für viele Diskussionen. Konkret soll bei Reinigungs- und Bewachungsdienstleistungen, aber auch bei Bauaufträgen ab einer Million Euro eine Sonderregelung für Sektorenauftraggeber gelten.

Bei den Reinigungs- und Bewachungsdienstleistungen wird das verpflichtende Bestbieterprinzip erst mit dieser Novelle neu eingeführt – und durch die besagte Sonderregelung gleich wieder abgeschwächt. Größere Bauaufträge müssen schon derzeit nach Bestbieterkriterien vergeben werden. Hier sei die Ausnahmeregelung für Sektorenauftraggeber ein Rückschritt gegenüber dem Status quo, bemängelt etwa der ÖGB. Überhaupt hält er es für sachlich ungerechtfertigt, dass beim Bestbieterprinzip zwischen klassischen und Sektorenauftraggebern unterschieden wird.

Auch in Sachen Lohndumpingbekämpfung würden die Gewerkschafter gern nachschärfen – und eine Generalunternehmerhaftung einführen: Auftragnehmer sollen als Bürgen und Zahler für ihre Subunternehmer einstehen müssen. Unter Juristen ist freilich vom Grundsatz her umstritten, ob das Vergaberecht ein taugliches Mittel zur Lohndumpingbekämpfung sein kann. (cka)

(cka)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.