Versicherung Arag drückte sich vor Kostenübernahme

Hauptverwaltung der ARAG Versicherungen AG in Düsseldorf
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Die Rechtsschutzversicherung Arag hat für Anlegerprozesse aufzukommen.

Wien. „Ein international anerkannter Partner für Recht und Schutz“, sei sie, jedenfalls behauptet das die Rechtsschutzversicherung Arag auf ihrer Homepage von sich selbst. Viele ihrer Kunden haben da andere Erfahrungen gemacht. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte für einen Konsumenten schon vor zwei Jahren gegen die Arag einen Musterprozess. Dabei klagte er den Versicherer auf Übernahme der Deckung. Anlass war eine regelrechte Beschwerdeflut von Anlegern, die in „geschlossene Fonds“ investiert hatten, und denen der Rechtsschutzversicherer die Deckung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Vermittler der Fondsbeteiligungen versagt hatte. Ihre Begründung: Es mangle an den Erfolgsaussichten, zumal die Ansprüche verjährt seien. Überdies gäbe es eine „Spekulationsausschlussklauseln“ in den Rechtsschutzversicherungsbedingungen. Eine Deckung werde daher nicht übernommen. Damit kam die Arag aber nicht durch, denn das Oberlandesgericht Wien teilte ihren Standpunkt gar nicht. Das OLG Wien stellte klar, dass die Versicherung die Prozesse ihrer Kunden sehr wohl zu finanzieren habe.

Arag erneut vor Gericht

Nun hatten sich die Gerichte erneut mit der Arag zu befassen, nachdem sie – einmal mehr – einem ihrer Versicherungsnehmer die Deckung von Prozesskosten versagte. Dieser hatte sich über Jahre immer wieder an „geschlossenen Fonds“ beteiligt. Konkret zum ersten Mal im April 2002 am Rendite-Fonds Holland 32, und 2004 an der „Miro Star“ Schifffahrtsgesellschaft sowie ein wenig später an dem Fonds Holland 53. Beraten wurde er in allen drei Fällen vom selben Vermögensberater, den er auch wegen Fehlberatung klagte.

Dabei war ihm wohl bewusst, dass die Arag für den ersten Fall keine Deckung übernehmen würde, denn er hatte bei der Versicherung erst nach seiner ersten Investition in den geschlossenen Fonds Holland 32 eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Womit er jedoch ganz und gar nicht rechnete, war, dass die Arag die Deckung gleich in allen drei Fällen verweigerte. Zu seinem Erstaunen und dem seines Rechtsanwalts Max Leitner argumentierte die Arag folgendermaßen: Bei der Fehlberatung zu den drei Beteiligungen handle es sich um ein einheitliches Ereignis, das schon mit der ersten Fehlberatung zu Holland 32 begonnen hätte. Zu diesem Zeitpunkt (April 2002) bestand noch kein Rechtsschutz, weshalb auch keine Deckungspflicht für die Fehlberatung zu Miro Star und Holland 53 bestünde.

Mit dieser Ansicht fand die Arag beim Erstgericht tatsächlich Gehör. Nicht jedoch beim Berufungsgericht und beim Obersten Gerichtshof (OGH), den die Arag anrief. Rechtsanwalt Leitner zeigt sich erleichtert, „dass der OGH der Ausrede über das 'einheitliche Ereignis' bei mehreren Beratungen zu unterschiedlichen Fonds eine klare Absage erteilt hat.“ Er hält die Entscheidung (7 Ob 20/17t) über den Anlassfall hinaus für relevant. „Viele Anleger beteiligten sich – wie im konkreten Fall über die Jahre immer wieder an 'geschlossen Fonds'. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die 'Ausschüttungen' anfangs prognosegemäß erfolgten. Die Anleger durchschauten nicht, dass sie als 'Ausschüttungen' lediglich ihr Kapital zurück erhielten.“ Ergo hielten sie ihre Investitionen für gewinnträchtig und beteiligten sich munter weiter an „geschlossenen Fonds“. „Erst als die finanzierenden Banken die sogenannten Ausschüttungen, also de facto das rückgewährte Kapital zurück verlangten, wurden sie stutzig“, erklärt Leitner.

Der Anlegeranwalt hat die Erfahrung gemacht, dass die Kläger in den Haftungsprozessen gegen die Berater regelmäßig erfolgreich sind. „In der letzten Zeit beschränken sich die Gerichte vermehrt darauf, die Berater und die Beraterbanken wegen nicht offengelegter Kick-backs zu verurteilen“, sagt er. Doch viele Anleger scheuen vor Prozessen zurück, wenn ihre Rechtsschutzversicherung nicht bereit ist, die Kosten zu übernehmen. Die aktuelle OGH-Entscheidung könnte das ändern, sagt Leitner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2017)

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