Verboten ist es nicht, dass ein Vorstand oder Aufsichtsrat "sein" Unternehmen kauft. Es gibt aber rechtliche Fallstricke.
Wien. Seit kurzem hat Wolford eine neue Aufsichtsratschefin: Claudia Beermann hat den Vorsitz von Antonella Mei-Pochtler übernommen. Diese legte ihr Mandat Anfang September zurück – mit einer nachvollziehbaren Begründung: Sie wolle das Unternehmen kaufen. Oder, genauer gesagt, um den zum Verkauf stehenden Mehrheitsanteil der Gründerfamilien mitbieten. Mit ihrer bisherigen Kontrollfunktion wäre das nicht vereinbar, so viel ist klar. Losgelöst vom Einzelfall, stellt sich jedoch die prinzipielle Frage: Welche Interessenkonflikte gibt es bei einem derartigen Rollenwechsel? Und reicht es wirklich aus, aus der Funktion auszuscheiden, um alle Probleme vom Tisch zu haben? „Die Presse“ sprach mit Juristen darüber. Und diese bestätigen: Ganz so einfach ist es nicht. Zwar ist es nicht verboten, aus einer Organfunktion heraus in die Bieterrolle zu schlüpfen – ein heikles Unterfangen ist es allemal.
Grundsätzlich sei die Thematik ähnlich wie bei einem Management Buyout, sagt Rechtsanwalt Georg Schima. Dieses Szenario – dass der Vorstand „seine“ Firma übernehmen will – kommt weitaus häufiger vor. Das Grundproblem dabei ist der Wissensvorsprung, den man als Topmanager hat – und oft eben auch als Aufsichtsrat, speziell als Vorsitzender, der manche Dinge früher erfährt als die übrigen Mitglieder. „Insiderwissen“ lautet das Schlagwort, wenn es um ein börsenotiertes Unternehmen geht: Kursrelevante Informationen muss man offenlegen und darf sie keinesfalls zum eigenen Vorteil bei Aktiengeschäften nützen. Das könnte etwa geplante Projekte betreffen, die noch nicht öffentlich bekannt sind, sagt Schima. Und selbst Infos, die isoliert betrachtet nicht kursrelevant sind, können, entsprechend verknüpft, ein Insiderwissen ergeben.